Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 61
Eine besondere Situation entsteht bei den Einnahmen, die nicht im Einkommen enthalten sind (steuerfreie Einnahmen), und hier insbesondere bei steuerfreien Investitionszulagen.
Die Investitionszulage wird durch einen selbstständigen Bescheid, den Investitionszulagenbescheid, festgesetzt; dieser Bescheid ist weder für den Körperschaftsteuer- noch für den Feststellungsbescheid Grundlagenbescheid. Bei der Errechnung des Einkommens ist die tatsächlich im Handels- bzw. Steuerbilanzergebnis enthaltene Investitionszulage (nicht die festgesetzte Investitionszulage) als steuerfreie Einnahme abzuziehen, wobei es gleichgültig ist, ob die Handels- bzw. Steuerbilanz insoweit richtig war oder eine unrichtige Investitionszulage auswies. Die Korrektur nur um den in dem Handels- bzw. Steuerbilanzergebnis enthaltenen Betrag der Investitionszulage stellt sicher, dass die Investitionszulage das Einkommen nicht beeinflusst. In der Gliederungsrechnung muss aber in das EK 02 die richtige Investitionszulage aufgenommen werden. Ein Streit um den Ansatz der Investitionszulage in der Gliederungsrechnung, sowohl hinsichtlich der Höhe als auch der Einstellung in einen bestimmten Teilbetrag, ist durch Anfechtung des Feststellungsbescheids auszutragen, da der Investitionszulagenbescheid kein Grundlagenbescheid ist; eine Anfechtung nur des Investitionszulagenbescheids genügt nicht. Darüber hinaus ist die tatsächliche Höhe der gewährten Investitionszulage für den Feststellungsbescheid als "Tatsache" anzusehen, sodass eine Änderung des Feststellungsbescheides insoweit nach § 173 AO erfolgen kann.
Rz. 62
Entsprechendes gilt für sonstige Einnahmen, die weder im Einkommen noch in der Tarifbelastung ihren Niederschlag finden, z. B. steuerfreie ausländische Einkünfte und Kapitalerträge, bei denen die Steuer durch die Kapitalertragsteuer von 30 % abgegolten ist. Über die mit diesen Vorgängen zusammenhängenden Fragen hinsichtlich Höhe und Behandlung in der Gliederungsrechnung ist im Feststellungsbescheid zu entscheiden.
Rz. 63
Es kann jedoch Streit darüber entstehen, ob (steuerfreie) Einnahmen im Einkommen enthalten sind oder nicht. Dann berührt der Streit die Höhe des Einkommens, der Körperschaftsteuerbescheid ist nach § 47 Abs. 2 vorrangig. Die Bindungswirkung der Entscheidung hierüber reicht aber nur soweit, wie das Einkommen im Feststellungsbescheid berücksichtigt wird. Wird also entschieden, dass die fraglichen Einnahmen im Einkommen enthalten sein müssen, es also erhöhen, tritt die Bindungswirkung nur für den Zugang des Einkommens im verwendbaren Eigenkapital ein, nicht hinsichtlich der Einstellung der Teile des Einkommens in die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals. Es können sich also widersprüchliche Entscheidungen ergeben (z. B. Erfassung im Einkommen, aber Einstellung im EK 0 in der Gliederungsrechnung). § 174 AO greift nicht ein, da der Tatbestand der Vorschrift nicht erfüllt ist.
Umgekehrt gilt Entsprechendes. Wird im Körperschaftsteuerbescheid entschieden, dass die Einnahmen nicht im Einkommen zu erfassen sind, ist damit noch nicht bindend entschieden, in welchen Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals sie einzustellen sind. Auch hier besteht die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen im Körperschaftsteuer- und im Feststellungsbescheid.
In den genannten Fällen muss eine der (widersprüchlichen) Entscheidungen sachlich falsch sein, es kann sich aber ergeben, dass die unrichtige Entscheidung mangels einer Änderungsvorschrift nicht korrigiert werden kann. Um dies zu vermeiden und korrespondierende Änderungen zu ermöglichen, müssen beide Bescheide angefochten werden.