Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 84
Hat der Fremdkapitalgeber keine wesentliche Beteiligung an der Anrechnungskörperschaft (d. h. eine unwesentliche Beteiligung), steht er für die Anwendung des § 8a einem wesentlichen Beteiligten gleich, wenn er einen beherrschenden Einfluß auf die Anrechnungskörperschaft ausübt. Der Fremdkapitalgeber muß aber immer Anteilsinhaber sein; hält er unmittelbar oder mittelbar keine Anteile an der Anrechnungskörperschaft, ist auch bei Vorliegen einer Beherrschung Abs. 3 nicht anwendbar; es kann sich dann nur um eine "nahestehende Person" handeln (vgl. Rz. 45).
Rz. 85
"Beherrschung" bedeutet, daß der Fremdkapitalgeber, allein oder im Zusammenwirken mit anderen Anteilsinhabern, seinen Willen (unmittelbar oder mittelbar) in der Anrechnungskörperschaft durchsetzt. Dies kann aufgrund von Stimmrechten der Fall sein, die der Herrschende über seine Beteiligung hinaus zur Verfügung hat (Stimmrechtsverträge), oder wenn er aufgrund tatsächlicher Abhängigkeit beherrschenden Einfluß auf das Geschäftsführungs- und Verwaltungsorgan des Beherrschten nehmen kann. Schuldrechtliche Lieferungs- und Leistungsbeziehungen können eine solche Beherrschung aber nicht begründen, auch wenn eine Gesellschaft auf diese Lieferungs- und Leistungsbeziehungen angewiesen ist. Neben Stimmbindungsverträgen kann sich die Beherrschung ergeben aus dem satzungsmäßigen Recht, das Geschäftsführungsorgan zu bestimmen, Beherrschungsverträgen und ähnlichen Rechtsverhältnissen.
Beherrschung zusammen mit anderen Anteilsinhabern setzt voraus, daß diese sich bewußt (z. B. aufgrund von vertraglichen Bindungen) und zielgerichtet auf die gemeinsame Beherrschung hin verhalten. Bloßes tatsächliches Zusammenarbeiten ohne Absprachen (z. B. gleichgerichtete Stimmrechtsausübung, weil beide unabhängig voneinander die gleichen Interessen haben) genügt nicht; es muß sich um eine zielgerichtete gemeinsame Beherrschung handeln. Die Finanzverwaltung wendet insoweit Abschn. 31 Abs. 6 KStR zur verdeckten Gewinnausschüttung entsprechend an.
Die Beherrschung kann unmittelbar (z. B. direkter Beherrschungsvertrag) oder mittelbar (Kette von Beherrschungsverträgen) sein.
Rz. 86
Die Beherrschung muß tatsächlich ausgeübt werden; die bloße Möglichkeit hierzu genügt, anders als bei dem Begriff der "nahestehenden Person" nicht. Die Finanzbehörde muß nachweisen, daß der Fremdkapitalgeber, allein oder gemeinsam mit anderen Anteilsinhabern, die Anrechnungskörperschaft unmittelbar oder mittelbar tatsächlich beherrscht, also Herrschaft tatsächlich ausübt.