Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 100
Die zweite Ausnahmeregelung behandelt den Fall, daß der ausländische Anteilsinhaber die Beteiligung über eine inländische Personengesellschaft hält und das Fremdkapital über die Personengesellschaft geleitet wird. In diesen Fällen sind die Vergütungen für das Fremdkapital Betriebseinnahmen der Personengesellschaft und unterliegen grundsätzlich der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG. Die von der Personengesellschaft an den ausländischen Anteilsinhaber gezahlten Vergütungen sind bei der Personengesellschaft keine Betriebsausgaben, sondern Vorweggewinn nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, unterliegen also ebenfalls der beschränkten Steuerpflicht. Insoweit wäre die Rechtsfolge des § 8a nicht erforderlich, da keine Steuervorteile eintreten. Der Gesetzgeber sieht jedoch die Möglichkeit, daß der ausländische Anteilsinhaber sich seinerseits refinanziert, also im Ausland Zinsaufwand hat. Diese Zinsaufwendungen sind dann Sonderbetriebsausgaben bei der inländischen Personengesellschaft und reduzieren den Vorweggewinn aus den Zinszahlungen der Personengesellschaft an den Anteilsinhaber. Im Effekt fällt keine inländische Besteuerung an.
Rz. 101
Der Tatbestand setzt voraus, daß die Beteiligung über eine Personengesellschaft gehalten wird. Das ist der Fall, wenn die Beteiligung Gesamthandsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft ist. Die Personengesellschaft muß eine inländische Personengesellschaft sein, d. h. im Inland die Betriebsstätte unterhalten; sonst macht die ganze Regelung keinen Sinn. Zusätzlich muß das Fremdkapital von dem Anteilseigner über die Personengesellschaft geleitet werden; das ist der Fall, wenn der Anteilseigner das Fremdkapital der Personengesellschaft zur Verfügung stellt und diese der Anrechnungskörperschaft. Es muß die Nämlichkeit des Fremdkapitals bei der Personengesellschaft und der Anrechnungskörperschaft bestehen, da es sonst nicht über die Personengesellschaft "geleitet" ist. Nicht zum Tatbestand des Abs. 5 Nr. 2 gehört es, daß der Anteilseigner sich selbst fremdfinanziert hat (obwohl nur dann der gesetzgeberische Grund für die Regelung vorliegt). Hat nicht der Anteilseigner das Fremdkapital über die Personengesellschaft "geleitet", sondern gibt z. B. die Personengesellschaft das Fremdkapital aus eigenen Mitteln, ist der Talbestand des Abs. 5 Nr. 1 nicht erfüllt.
Als Rechtsfolge bestimmt Abs. 5, daß die Abs. 1—4 entsprechend anzuwenden sind. Es braucht also das Tatbestandsmerkmal nicht vorzuliegen, daß ein Nichtanrechnungsberechtigter oder eine ihm nahestehende nichtanrechnungsberechtigte Person das Fremdkapital gibt; die Personengesellschaft ist inländisch und vermittelt, als inländischer Betrieb, die Anrechnungsberechtigung.
Rz. 102
Rechtspolitisch ist diese Regelung verfehlt. Der Tatbestand ist zu weit; er umfaßt auch Fälle, in denen sich der ausländische Anteilseigner nicht refinanziert hat, also keine Zinsen als Sonderbetriebsausgaben geltend macht. Dann unterliegen die Vergütungen für das Fremdkapital in vollem Umfang der inländischen Besteuerung, ein Grund für die Umqualifizierung ist nicht ersichtlich.
Aber auch wenn der ausländische Anteilsinhaber sich fremdfinanziert hat, ist die Umqualifizierung sachlich verfehlt. Der Ausländer ist dann in keiner anderen Situation als ein unbeschränkt steuerpflichtiger Anrechnungsberechtigter, der seiner Kapitalgesellschaft Fremdkapital zur Verfügung stellt und sich hierfür im Ausland refinanziert. Auch dann kann er die in das Ausland gezahlten Zinsen als Betriebsausgaben geltend machen, die Vergütungen für das Fremdkapital bleiben im Inland unbesteuert; gleiches gilt, wenn er Eigenkapital fremdfinanziert. Die nicht Anrechnungsberechtigten werden also durch Abs. 5 Nr. 2 ohne sachlichen Grund nachteiliger behandelt als Inländer in sonst gleichen Umständen. Die Regelung ist daher wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot, Art. 3 GG, verfassungswidrig und daher nichtig.