2.2.1 Rückvergütungen
2.2.1.1 Allgemeines
Rz. 20
§ 22 KStG ist nur auf Rückvergütungen anzuwenden. Hierbei geht es um die Verteilung des Jahresgewinns der Genossenschaft an ihre Mitglieder. Dabei handelt sich nicht um eine Gewinnverteilung i. S. d. § 19 GenG ("Gewinn- und Verlustverteilung"), sondern dem Charakter nach um eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, deren Rechtsgrundsätze aber – bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 KStG – nicht anzuwenden sind. Der Begriff ist rein steuerlich geprägt, eine genossenschaftsrechtliche Rechtsgrundlage existiert nicht. Gleichwohl ist das Institut der Rückvergütung allgemein anerkannt. Sie hat ihre Wurzeln im Förderungszweck der Genossenschaft, ist damit mitgliedschaftsrechtlich begründet und beruht dem Grunde nach nicht auf einer schuldrechtlichen Lieferungs- und Leistungsbeziehung zwischen der Genossenschaft und ihren Mitgliedern, stellt also keine nachträgliche schuldrechtliche Preiskorrektur wie etwa ein Bonus oder Rabatt dar (Rz. 24ff.). Damit ist sie Ausdruck des Grundgedankens, dass eine Genossenschaft nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist und bedeutet aus Sicht des Mitglieds eine pauschalierte Anpassung des von ihm an die Genossenschaft gezahlten Preises für Waren und Dienstleistungen. Die genossenschaftliche Rückvergütung beruht auf dem Prinzip, dass die zwischen Mitglied und Genossenschaft getätigten Transaktionen zu Tagespreisen abgewickelt werden. Die nachträgliche Verteilung nach der Inanspruchnahme des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs ist Teil der genossenschaftlichen Förderleistung.
Rz. 21
Rückvergütungen stellen eine am Schluss des Wirtschaftsjahrs, für das sie gezahlt werden, zu passivierende Verbindlichkeit dar. Sie müssen spätestens mit Genehmigung der Bilanz durch die Generalversammlung dem Grunde nach beschlossen werden und bis zum Ablauf von 12 Monaten nach dem Ende des Wirtschaftsjahrs gezahlt oder gutgeschrieben sein (Rz. 56). Wird diese Frist nicht eingehalten, ist davon auszugehen, dass die Rückvergütung für die Genossenschaft am Ende des Wirtschaftsjahrs, für das die Rückvergütung gezahlt werden sollte, noch keine rückstellungsfähige Belastung darstellte; die Rückvergütung erhöht dann infolge der Versagung der Passivierung den steuerpflichtigen Gewinn.
2.2.1.2 Angemessenheitsprüfung
Rz. 22
In der Literatur ist umstritten, ob neben den in § 22 KStG aufgeführten Voraussetzungen die Abzugsfähigkeit der Rückvergütung zusätzlich davon abhängt, dass sie "angemessen" ist. Liegen die Voraussetzungen des § 22 KStG nicht vor (z. B. durch Verstoß gegen die Anforderungen des § 22 Abs. 2 Satz 1 KStG oder durch Vorliegen eines Preisnachlasses, s. Rz. 24ff.), kann es sich gleichwohl um eine verdeckte Gewinnausschüttung handeln. Der BFH hatte entschieden, dass auf die Angemessenheitsprüfung nicht verzichtet werden könne, da die Regelung über genossenschaftliche Rückvergütungen die Bestimmungen über die verdeckte Gewinnausschüttung nicht verdrängen würde. Das Urteil dürfte aber schon deshalb nicht verallgemeinerungsfähig sein, da es zu einem Sachverhalt erging, in dem eine Rückvergütung trotz des negativen Ergebnisses im Mitgliedergeschäft gezahlt wurde und ein positives Ergebnis nur durch die unzulässige Einbeziehung von Nebengeschäften erreicht werden konnte. § 22 KStG würde in einem solchen Fall schon deshalb keine Rückvergütung zulassen, weil kein rückvergütungsfähiger Gewinn erzielt wurde. Der BFH konnte zwar die Ansicht vertreten, dass der im Streitfall anzuwendende § 35 KStDV als bloße Verordnungsbestimmung die gesetzlichen Regeln über die verdeckte Gewinnausschüttung nicht verdrängte. Ab dem KStG 1976 ist die Situation aber insoweit anders, als die genossenschaftliche Rückvergütung im Gesetz selbst geregelt ist und daher als Spezialregelung angesehen werden kann, die § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorgeht (Rz. 5). Bei dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 22 KStG kann die Abziehbarkeit der Rückvergütung nicht von ihrer Angemessenheit abhängig gemacht werden.
2.2.2 Offene Gewinnausschüttungen
Rz. 23
Offene Gewinnausschüttungen...