4.1 Feststellung des Bestands des Einlagekontos

 

Rz. 109

Nach § 27 Abs. 2 KStG hat das für die jeweilige Körperschaft zuständige FA ein förmliches Feststellungsverfahren für das steuerliche Einlagekonto durchzuführen. Die Regelung ist rein formeller Natur und hat keine materiellen Auswirkungen.[1] Dies bedeutet, dass der Bestand des steuerlichen Einlagekontos auch ohne einen Feststellungsbescheid materiell-rechtlich existiert. Ein fehlerhafter Bescheid kann jedoch dazu führen, dass nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen im steuerlichen Einlagekonto nicht erfasst werden und zumindest temporär nicht verwendet werden können. Ein Bescheid ist m. E. auch dann zu erlassen, wenn der Bestand des steuerlichen Einlagekontos 0 beträgt.[2] In diesem Fall ist der Betrag 0 festzustellen. Hierbei handelt es sich nicht um einen negativen Feststellungsbescheid (der besagt, dass eine Feststellung nicht durchzuführen ist), sondern um einen positiven Feststellungsbescheid, der den Wert 0 ausweist.

 

Rz. 109a

Dem Bescheid kommt materiell-rechtliche Bindungswirkung für die Anteilseigner zu.[3] Dies bedeutet, dass die ertragsteuerliche Qualifikation von Zahlungen auf der Ebene des Anteilseigners von dem Bescheid nach Abs. 2 abhängt. Folgerichtig stellt der Erlass eines neuen Bescheids ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar, das zu einer entsprechenden Änderung des Bescheids auf der Ebene des Anteilseigners führt.[4]

 

Rz. 110

Die Feststellung erfolgt auf den Schluss des jeweiligen Wirtschaftsjahrs. Bei einem dem Kj. entsprechenden Wirtschaftsjahr erfolgt die Feststellung auf den 31.12, bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr auf den Schluss des abweichenden Wirtschaftsjahrs. Bei einem Rumpfwirtschaftsjahr können 2 Feststellungsbescheide im selben Kj. ergehen.

 

Rz. 111

Der Feststellungsbescheid für das aktuelle Wirtschaftsjahr setzt auf der gesonderten Feststellung für das vorangegangene Wirtschaftsjahr auf. Insoweit besteht ein Feststellungszusammenhang gem. § 27 Abs. 2 S. 2 KStG. Daher ist der Bescheid für das vorangegangene Wirtschaftsjahr zugleich Grundlagenbescheid für den Nachfolgebescheid.[5] Der festgestellte Bestand des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs wird dann um die Zu- und Abgänge des laufenden Wirtschaftsjahrs fortentwickelt und der sich nach Berücksichtigung von Zu- und Abgängen ergebende Betrag gesondert festgestellt.

Rz. 112 – 113 einstweilen frei

[1] BFH v. 19.5.2010, I R 51/09, BStBl II 2014, 937, BFH/NV 2010, 1886; Antweiler, in Ernst & Young, KStG, § 27 KStG Rz. 6.
[2] Gl. A. Antweiler, in Bott/Walter, KStG, § 27 KStG Rz. 186; einschränkend Dötsch/Werner/Krämer, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 KStG Rz. 110 wonach eine Pflicht zur Ausstellung einer Nullbescheinigung nur bestehen soll, wenn der Bestand im vorangegangenen Wirtschaftsjahr positiv war.
[5] Antweiler, in Bott/Walter, KStG, § 27 KStG Rz. 189 spricht in diesem Zusammenhang von einer "Bindungskette".

4.2 Möglichkeiten zur Korrektur eines fehlerhaften Bescheids

 

Rz. 114

Die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos stellt eine Feststellung i. S. d. § 179 AO dar.[1] Daraus folgt, dass der Feststellungsbescheid eines Wirtschaftsjahrs zugleich Grundlagenbescheid für die Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos auf den Schluss des folgenden Wirtschaftsjahrs gem. § 171 Abs. 10 AO ist. Die Bindungswirkung ergibt sich aus § 182 Abs. 1 AO und umfasst jeweils lediglich den festgestellten Bestand des steuerlichen Einlagekontos.[2]

 

Rz. 115

Die Bindungswirkung des Bescheids über das steuerliche Einlagekonto besteht in doppelter Hinsicht. Persönlich ergibt sich die Bindungswirkung zunächst für die Körperschaft, gegen die Bescheid ergangen ist. Zugleich ergibt sich eine mittelbare Bindungswirkung für den Anteilseigner, da der Bestand des steuerlichen Einlagekontos Einfluss auf die Einstufung einer Auskehrung als steuerpflichtigen laufenden Bezug i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG oder als nichtsteuerbare Umschichtung auf der Vermögensebene i. S. d. 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG hat.[3] Dieser Zusammenhang ergibt sich aus tatsächlichen Gründen. Sowohl die Bestimmung des ausschüttbaren Gewinns als auch die explizite Ausnahme der Besteuerung von Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ergeben sich mittelbar aus dem Feststellungsbescheid zum steuerlichen Einlagekonto. Nur wenn ein entsprechender Bestand des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 2 KStG festgestellt worden ist, kann er für Leistungen als verwendet gelten und den Anteilseignern gem. § 27 Abs. 3 KStG bescheinigt werden. Eine formelle Bindungswirkung kommt dem Bescheid nicht zu, da er kein Grundlagenbescheid für den ESt- oder KSt-Bescheid des Anteilseigners ist. Die Bindungswirkung ist materieller Natur. Die Verwendung von Beträgen des steuerlichen Einlagekontos ist daher ein "negatives Tatbestandsmerkmal" für die Entscheidung über die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Ob die Leistung...

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