Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen
1.2.2.3.1 Übersicht
Rz. 14
Wie im Falle der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen fehlt auch für die nichtrechtsfähigen Vermögensmassen sowohl im Zivilrecht als auch im Steuerrecht eine Legaldefinition. Aus § 3 Abs. 1 lässt sich herleiten, dass unter nichtrechtsfähigen Vermögensmassen nichtrechtsfähige Zweckvermögen zu verstehen sind. Diese unterteilt das Gesetz in nichtrechtsfähige Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen.
Rz. 15
Grundlage für die steuerliche Beurteilung, ob ein nichtrechtsfähiges Zweckvermögen vorliegt, ist das Geschäft, das zur Gründung der Vermögensmasse geführt hat (z. B. Vertrag, Verfügung von Todes wegen, Stiftungsurkunde). Selbstverständlich muss das tatsächliche Verhalten den Vereinbarungen entsprechen.
Rz. 16
Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung lassen sich folgende Merkmale für nichtrechtsfähige Zweckvermögen ableiten:
- Unter einem Zweckvermögen ist eine selbständige, einem bestimmten Zweck zugeführte Vermögensmasse zu verstehen, die aus dem Vermögen des Widmenden dauernd ausgeschieden ist sowie eigene Einkünfte bezieht und für deren Substanz und Erträgnisse ein anderer Steuerpflichtiger als die Vermögensmasse selbst nicht vorhanden ist.
- Sofern das Zweckvermögen keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt — wie sie rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen eigen ist —, sondern rechtlich im Eigentum einer juristischen oder natürlichen Person steht und auf Dauer zu einem dem rechtlichen Eigentümer fremden Zweck zu verwenden ist, muss wenigstens eine wirtschaftliche Selbständigkeit gegeben sein, um eine persönliche Körperschaftsteuerpflicht zu begründen. Eine ausreichende wirtschaftliche Selbständigkeit kann regelmäßig angenommen werden, wenn die Vermögensteile aus der Verfügungsmacht des Widmenden so ausgeschieden sind, dass die Erfüllung eines besonderen Verwendungszwecks nicht mehr vom Willen des Widmenden abhängig ist.
- Das wesentliche Merkmal eines nichtrechtsfähigen Zweckvermögens ist die dauernde Bindung einer bestimmten Vermögensmasse an einen dem rechtlichen Eigentümer fremden Zweck. Diese Bindung muss den rechtlichen Eigentümer hindern, das Vermögen für eigene Zwecke zu verwenden, so dass ihm im wirtschaftlichen Sinn die Stellung eines Eigentümers genommen und die Stellung eines Treuhänders oder Vermögensverwalters zugewiesen ist. Ein Widerruf der Zweckbindung durch den Eigentümer muss ausgeschlossen sein; denn eine Zweckzuwendung setzt einen endgültigen Verzicht auf die für den Zweck bereitgestellten Wirtschaftsgüter voraus.
- Eine besondere Verpflichtung (z. B. aus einem Testament) für die Festlegung des besonderen Verwendungszwecks braucht nicht zu bestehen, es genügt die freiwillige Festlegung der Zweckverwendung.
1.2.2.3.2 Nichtrechtsfähige Stiftungen
Rz. 17
Eine nichtrechtsfähige Stiftung liegt vor, wenn einer natürlichen oder juristischen Person Vermögensteile von dritter Seite zugewendet werden mit der Auflage, die Erträgnisse nicht für eigene Zwecke, sondern dauernd für einen bestimmten Zweck zu verwenden, den der Zuwendende bei der Zuwendung bestimmt hat, so dass der Empfänger des Vermögens die Stellung eines Treuhänders oder Vermögensverwalters hat. Das Vermögen muss aus dem Eigentum des Widmenden ausgeschieden und auf eine andere Person (z. B. Treuhänder) übertragen worden sein. Zum Wesen einer nichtrechtsfähigen Stiftung gehört, dass sie nicht die rechtliche, wohl aber die wirtschaftliche Selbständigkeit besitzt.
1.2.2.3.3 Andere nichtrechtsfähige Zweckvermögen
Rz. 18
Neben nichtrechtsfähigen Stiftungen bestehen andere Zweckvermögen, wenn natürliche oder juristische Personen einen Teil ihres Vermögens aus dem übrigen Vermögen ausscheiden und einem bestimmten Zweck widmen. Dieses „Ausscheiden” muss derart sein, dass es eine gewisse Sicherheit der Erfüllung des Verwendungszwecks verbürgt. Diese Voraussetzung wird aber nicht schon dadurch erfüllt, dass die natürliche oder juristische Person zwar aus irgendwelchen Gründen einen Teil ihres Vermögens absondert und getrennt verwaltet, aber das Recht behält, diese Maßnahmen jederzeit wieder rückgängig zu machen und das bisher gesondert verwaltete Vermögen wieder mit dem übrigen Vermögen zu vereinigen. In solchen Fällen verliert der bisherige Eigentümer nicht das wirtschaftliche Eigentum an diesem Teil seines Vermögens. Es liegt dann keine Selbständigkeit des gesondert verwalteten Vermögens vor.
1.2.2.3.4 Sammelvermögen i. S. d. § 1914 BGB
Rz. 19
Ein nichtrechtsfähiges Zweckvermögen ist auch das Sammelvermögen des § 1914 BGB. Es handelt sich dabei um Vermögen, das durch öffentliche Sam...