Prof. Dr. Gerrit Frotscher
1.1 Bedeutung der Vorschrift
Rz. 1
§ 39 regelt den Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren für die Einlagen der Anteilseigner (bisheriges EK 04). Die Rückzahlung von Einlagen der Anteilseigner wird, wie unter dem Anrechnungsverfahren so auch unter dem Halbeinkünfteverfahren, nicht als Ausschüttung, sondern als Kapitalrückzahlung behandelt. Das bedeutet, dass die Rückzahlung von Einlagen auf der Ebene des Anteilseigners keine steuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG auslöst, sondern nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen gehört.
Um diese gegenüber Gewinnausschüttungen unterschiedliche steuerliche Behandlung der Einlagenrückgewähr verfahrensrechtlich durchführen zu können, muss bestimmt werden,
- in welchem Umfang Einlagen zur Verfügung stehen, die steuerneutral zurückgewährt werden,
- wann es sich um eine steuerpflichtige Gewinnausschüttung bzw. um eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr handelt.
Beide Fragen beantwortet § 27 Abs. 1. Die Sätze 1, 2 dieser Vorschrift regeln die gesonderte Feststellung des Bestandes an vorhandenen Einlagen ("steuerliches Einlagekonto"), sodass auf das Ende jedes Wirtschaftsjahres feststeht, in welcher Höhe rückzahlbare Einlagen vorhanden sind. Die zweite Frage beantwortet § 27 Abs. 1 S. 3, der definiert, wann eine steuerpflichtige Gewinnausschüttung bzw. eine nicht steuerbare Einlagenrückgewährung gegeben ist.
Rz. 2
In diesem Zusammenhang regelt § 39, wie die unter dem Anrechnungsverfahren geleisteten Einlagen der Anteilseigner in das steuerliche Einlagekonto, und damit das Halbeinkünfteverfahren, überführt werden. Die Vorschrift enthält nur die formale Bestimmung, wie das bisherige EK 04 in das steuerliche Einlagekonto nach § 27 eingestellt wird. Die Vorschrift hat daher keine materielle Bedeutung, sondern soll die Kontinuität zwischen bisherigem EK 04 und neuem Einlagekonto herstellen (zur Zusammensetzung des EK 04 und der Entwicklung unter dem Anrechnungsverfahren vgl. § 30 a. F. Rz. 169).
1.2 Rechtsentwicklung
Rz. 2a
Die Vorschrift ist durch Gesetz v. 23.10.2000 im Zusammenhang mit der Ablösung des Anrechnungsverfahrens durch das Halbeinkünfteverfahren eingeführt worden. Durch Gesetz v. 20.12.2001 wurde Abs. 2 zur Behandlung des nach altem Recht festgestellten Sonderausweises eingefügt. Diese Regelung tritt auf den Zeitpunkt in Kraft, zu dem das KStG 2001 mit dem Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren erstmals anzuwenden ist (vgl. § 34 Abs. 2a).