Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 256
Anders als § 8a KStG a. F. enthält die Neufassung der Vorschrift keine besonderen Regelungen für Holdinggesellschaften, d. h. für Gesellschaften, deren Haupttätigkeit in dem Halten von Beteiligungen und der Finanzierung der Beteiligungsgesellschaften besteht. Insbesondere fehlt ein "Holdingprivileg", wodurch die Abzugsfähigkeit der Zinsen für eine Holding erleichtert würde. Damit sind Holdinggesellschaften aufgrund ihrer Struktur besonders von der Zinsschranke betroffen.
Dagegen ist es nicht richtig, einen weiteren Nachteil der Holding darin zu sehen, dass die nicht abzugsfähigen Ausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG nicht als bereits hinzugerechneter Zinsaufwand von dem Zinssaldo gekürzt wird.
Die Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG betrifft alle Betriebsausgaben, nicht speziell Zinsaufwand, also auch Personal- und Verwaltungsaufwendungen. Die Hinzurechnung kann also nicht als "Hinzurechnung von Zinsaufwand" qualifiziert werden.
Rz. 257
Holdinggesellschaften haben regelmäßig ein niedriges "maßgebliches Einkommen", da ihre Einkünfte im Wesentlichen aus Gewinnausschüttungen bestehen, die wegen der Steuerbefreiung durch § 8b Abs. 1, 4 KStG nicht zu dem "maßgeblichen" Einkommen gehören. Die Erhöhung der Bemessungsgrundlage für den Zinsabzug durch Hinzurechnung der AfA dürfte für Holdings keine wesentliche Bedeutung haben, da eine Holding regelmäßig keine wesentlichen AfA nach § 7 EStG hat. Insgesamt ist daher die Bemessungsgrundlage für den Zinsabzug bei einer Holding systembedingt sehr gering. Sie dürfte im Wesentlichen aus dem Zinsaufwand selbst und den nicht abziehbaren Ausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG bestehen. Im Ergebnis werden daher bei einer Holding regelmäßig bis zu 70 % der Zinsaufwendungen nicht abzugsfähig sein. Der Zinsvortrag bietet keine Erleichterung, da auch in den Folgejahren keine höhere Bemessungsgrundlage für den Zinsabzug zur Verfügung stehen wird.
Rz. 258
Eine Holding kann sowohl abhängige als auch herrschende Gesellschaft eines Konzerns sein. Bei der Beantwortung der Frage, ob die Holding herrschendes Unternehmen i. S. d. § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. b) EStG sein kann, kommt es auf die Unterscheidung zwischen geschäftsleitender und vermögensverwaltender Holding nicht an. Maßgebend ist nach § 4h Abs. 3 S. 6 EStG, dass die Finanz- und Geschäftspolitik des abhängigen Unternehmens bestimmt werden kann; nicht erforderlich ist, dass dies auch tatsächlich geschieht. Die notwendige Mehrheitsbeteiligung vorausgesetzt, hat diese Möglichkeit aber auch eine nur vermögensverwaltende Holding.
Rz. 259
Nachteile hat die Holding auch bei der Anwendung der "Escape-Klausel" nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c) EStG. Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote ist nach S. 5 dieser Vorschrift nämlich das Eigenkapital um Anteile an anderen Konzerngesellschaften zu kürzen. Damit soll ein "Kaskadeneffekt" vermieden werden. Da das Aktivvermögen der Holding überwiegend aus Beteiligungen an konzernangehörigen Gesellschaften bestehen wird, wird das Eigenkapital sehr stark gemindert. Ein "Holdingprivileg" wie § 8a KStG a. F., wonach diese Kürzung bei Holdinggesellschaften unterbleibt, enthält die Vorschrift nicht. Hinzu kommt, dass die Kürzung nach dem Wortlaut der Vorschrift nur bei dem Eigenkapital erfolgt, nicht auch korrespondierend bei der Bilanzsumme. Die Holding wird dadurch nur eine sehr geringe Eigenkapitalquote aufweisen, die regelmäßig deutlich unter der des Gesamtkonzerns liegen wird. Eine Holding wird also kaum von der "Escape-Klausel" Gebrauch machen können.
Rz. 260
Positiv bei einer Holding, die die Beteiligungsgesellschaften finanziert, wirkt sich jedoch aus, dass die Zinsschranke nur die Differenz zwischen Zinsaufwand und -ertrag erfasst. Nimmt eine Holding Fremdkapital auf und leitet es an die Tochtergesellschaften weiter, unterliegt bei ihr daher nur die Differenz zwischen Soll- und Habenzinsen der Zinsschranke. Allerdings greift die Zinsschranke dann bei der abhängigen Gesellschaft ein, wo der Zinsertrag der Holding Zinsaufwand darstellt.
Rz. 261
Eine Erleichterung für die Finanzierung in einem Holding-Konzern, der keine Organschaft bildet, besteht darin, dass die Kleinbetragsregelung von weniger als 3 Mio. EUR bei jeder einzelnen Gesellschaft anwendbar ist. Diese Kleinbetragsregelung kann also von der Holding und jeder Tochtergesellschaft genutzt werden. Beträgt der Zinssaldo 3 Mio. EUR oder mehr, ist ein Ausgleich regelmäßig nur mit dem Einkommen, das durch die nicht abzugsfähigen Ausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG gebildet wird, möglich (hierzu Rz. 257). Da dieses Einkommen nur 5 % der erhaltenen Gewinnausschüttungen beträgt, setzt ein Ausgleich eines Zinssaldos von 3 Mio. EUR eine Gewinnausschüttung von 200 Mio. EUR voraus (Berechnung: 200 Mio. EUR x 5 % = 10 Mio. EUR; verrechenbares EBITDA hieraus in Höhe von 30 % = 3 Mio. EUR).
Rz. 262
Eine weitere Möglichkeit, die Anwendung der Zinsschranke bei einer Holding zu vermeiden, ist die Bildung eines Organkreises. Dies setzt aber voraus, dass di...