Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 128
Das anteilige Eigenkapital ist für den "Anteilseigner" zu ermitteln. Wird, wie hier (vgl. Rz. 38), unter "Anteilseigner" auch der mittelbar beteiligte Anteilseigner verstanden, ist das dem Anteilseigner zustehende "anteilige Eigenkapital" durch "Durchrechnen" der Beteiligungskette zu bestimmen. Die Finanzverwaltung sieht jedoch als Anteilseigner nur den unmittelbar beteiligten Anteilseigner an (vgl. Rz. 38); dementsprechend ist laut BMF (v. 15.7.2004, IV A 2 – S 2742a – 20/04, BStBl I 2004, 593, Tz. 31) nur auf das anteilige Eigenkapital des unmittelbar beteiligten Anteilseigners abzustellen. Mittelbare Beteiligungen sind dann über den Begriff der "nahe stehenden Person" zu lösen. Da aber auch bei einer "nahe stehenden Person" das dem Anteilseigner zuzurechnende "anteilige Eigenkapital" durch Durchrechnen zu ermitteln ist, ergibt sich i. d. R. keine Abweichung.
In dem Beispiel beträgt das "anteilige Eigenkapital" von A und B an der X-GmbH jeweils 50 %, und zwar unabhängig, ob man das Eigenkapital des mittelbaren Anteilseigners zugrunde legt oder die AB-GmbH als nahe stehende Person ansieht und deren Beteiligung an der X-GmbH den Gesellschaftern zurechnet. Auch diese Zurechnung darf nämlich nur anteilig erfolgen. Die Gegenmeinung, die dem Anteilseigner die volle Beteiligung, die die nahe stehende Person hält, zurechnen will, führt zu dem Zweck des Gesetzes widersprechenden Ergebnissen. Dann wäre im Beispiel nämlich den Gesellschaftern A und B ein anteiliges Eigenkapital von jeweils 100 % zuzurechnen.
Rz. 128a
"Eigenkapital" ist nicht das gezeichnete Kapital, sondern das gesamte Kapital, das der Kapitalgesellschaft tatsächlich als eigenes zur Verfügung steht. Die Höhe des Eigenkapitals richtet sich nach der Handelsbilanz; Erhöhungen oder Minderungen, die nur in der Steuerbilanz auszuweisen sind, verändern das Eigenkapital daher nicht. Daher sind z. B. handelsrechtlich zulässige, steuerrechtlich unzulässige Bilanzpositionen zu berücksichtigen (z. B. Drohverlustrückstellungen, Aufwandsrückstellungen).
Maßgebend ist nicht die tatsächlich aufgestellte Handelsbilanz, sondern diejenige Handelsbilanz, die nach den Vorschriften des HGB aufzustellen war. Das Eigenkapital in diesem Sinne besteht aus
- dem gezeichneten Kapital (vgl. § 272 Abs. 1 HGB) abzüglich ausstehender, eingeforderter und nicht eingeforderter Einlagen. Ausstehende Einlagen stehen der Kapitalgesellschaft (noch) nicht als eigenes Kapital zur Verfügung, sind also bei der Prüfung auszuscheiden, ob die Gesellschaft unangemessen hoch mit Gesellschafter-Fremdkapital finanziert worden ist. Ausstehende Einlagen nur eines Anteilseigners mindern das Eigenkapital insgesamt, nicht das diesem Gesellschafter zuzurechnende "anteilige Eigenkapital". Auf alle Anteilseigner wird daher nur das verminderte Eigenkapital anteilig umgelegt. Auf eine noch nicht wirksame Kapitalerhöhung eingezahlte Beträge erhöhen das Eigenkapital erst mit Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister.
- der Kapitalrücklage (vgl. § 272 Abs. 2 HGB). Zum Eigenkapital gehören alle Kapitalrücklagen, ohne Rücksicht darauf, ob sie für Ausschüttungen verwendbar sind oder nicht.
- den freien und gesetzlichen Gewinnrücklagen (vgl. § 272 Abs. 3 HGB).
- dem Gewinnvortrag.
- dem Jahresüberschuss.
- der Hälfte eines Sonderpostens mit Rücklageanteil (vgl. §§ 247 Abs. 3, 273 HGB). Sonderposten sind noch nicht versteuerte Rücklagen, die demnach einen Rücklage- und einen Steueranteil enthalten; der Rücklageanteil soll dem Eigenkapital hinzugerechnet werden; zu diesem Zweck wird der Steueranteil pauschal mit 50 % berechnet. Die Posten, die nach § 281 HGB bei Auseinanderfallen von handels- und steuerrechtlichen Abschreibungen zu bilden sind, fallen ebenfalls hierunter.
- abzüglich Verlustvortrag und Jahresfehlbetrag. Diese Positionen stellen Verlust an Eigenkapital dar und sind daher abzuziehen. Um ständige Veränderungen der Rechtsfolge (steuerliche Anerkennung oder Nichtanerkennung der Vergütungen) zu vermeiden, werden kurzfristige Verluste nicht abgezogen (vgl. Rz. 145). Bemerkenswert ist, dass Verluste den Spielraum für die Gesellschafter-Fremdfinanzierung verringern; die Behebung finanzieller Krisen und Sanierungen durch Gesellschafterdarlehen werden erschwert bzw. durch die Steuerbelastung verteuert. Der wirtschaftspolitische Sinn dieser Effekte kann kaum nachvollzogen werden.
- abzüglich des Buchwerts der Beteiligung am Grund- und Stammkapital einer Kapitalgesellschaft (vgl. Rz. 132).
Zu Eigenkapital i. S. d. § 8a soll auch die Aktivierung von Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs nach § 269 Abs. 1 HGB führen. Das ist m. E. unrichtig. Diese Bilanzierungshilfe kann nicht zu Eigenkapital führen, und zwar auch handelsrechtlich nicht, wie die Ausschüttungssperre in § 269 S. 2 HGB zeigt.
Rz. 129
Andere Positionen, auch wenn sie handelsrechtlich Eigenkapitalcharakter haben können, fallen nicht unter den Begriff des Eigenkapitals i. S. d. § 8a