Rz. 72
Gem. § 8d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG ist die Möglichkeit, einen Antrag zur Verlusterhaltung zu stellen, ausgeschlossen, wenn die Körperschaft vor dem schädlichen Beteiligungserwerb Organträger war oder an einer Mitunternehmerschaft beteiligt war. Sowohl die Organträgereigenschaft als auch die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stellen ein schädliches Ereignis gem. § 8d Abs. 2 KStG dar. Dies gilt auch, wenn der Organträger gleichzeitig eine Organgesellschaft ist. Für die Voraussetzungen im Detail wird daher auf die Kommentierung unter Rz. 118ff., Rz. 123ff. verwiesen.
Rz. 73
Die Regelung schließt die Anwendung des § 8d KStG aus, wenn die Körperschaft seit Beginn des dritten Vz, der dem Vz des schädlichen Beteiligungserwerbs vorausgeht, Organträger war oder an einer Mitunternehmerschaft beteiligt war. Damit betrifft die Regelung Zeiträume, die vor dem vorangehenden Beobachtungszeitraum gem. § 8d Abs. 1 S. 1 KStG liegen. Während des voranlaufenden Beobachtungszeitraums ist eine Anwendung des § 8d KStG bereits nach Abs. 1 S. 1 letzter Halbs. ausgeschlossen, wenn in diesem Zeitraum ein schädliches Ereignis i. S. d. § 8d Abs. 2 S. 2 Nr. 4, 5 KStG eintritt. Damit kommt § 8d Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG, ebenso wie Nr. 1, nur dann zur Anwendung, wenn zu Beginn des vorlaufenden Beobachtungszeitraums die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft bzw. die Organträgerstellung bereits bestanden hat. Der maßgebende Beginn des Beobachtungszeitraums ist der 1.1. des dritten dem Vz des schädlichen Beteiligungserwerbs vorangehenden Vz. Es wird für diese schädlichen Ereignisse also auf einen Zeitpunkt, nicht auf einen Zeitraum, abgestellt. Dies eröffnet die Möglichkeit, die Organträgerschaft bzw. die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft auf den 31.12. des vorangehenden Vz aufzugeben. Dann können die Verluste auch insoweit zu fortführungsgebundenen Verlusten führen, als sie aus übernommenen Verlusten der (früheren) Organgesellschaften stammen oder über die (frühere) Mitunternehmerschaft zugerechnet wurden.
Der schädliche Beteiligungserwerb tritt bei der A-GmbH im Vz 2021 ein. Die A-GmbH hat ein Wirtschaftsjahr, das dem Kj. entspricht. Der voranlaufende Beobachtungszeitraum beginnt am 1.1.2018. Die A-GmbH war in den Jahren davor Organträger und an Mitunternehmerschaften beteiligt, woraus für sie Verluste resultierten, die nicht ausgeglichen sind. Die A-GmbH hat die Organschaften zum 31.12.2017 beendet und zum gleichen Zeitpunkt die Beteiligungen an den Mitunternehmerschaften veräußert.
Lösung
Die Verluste, auch soweit sie von den Organgesellschaften übernommen wurden bzw. aus den Mitunternehmerschaften stammen, können fortführungsgebundene Verluste i. S. d. § 8d KStG werden, da die A-GmbH am 1.1.2018 weder Organträger war noch an einer Mitunternehmerschaft beteiligt war.
Rz. 74
Als Rechtsfolge bestimmt die Vorschrift, dass § 8d KStG auf sämtliche Verluste nicht anwendbar ist. Der Ausschluss der Anwendung des § 8d KStG betrifft also nicht nur Verluste, die dem Stpfl. über die Organschaft bzw. die Mitunternehmerstellung zugerechnet wurden, sondern alle Verluste, also auch die von dem Stpfl. selbst erwirtschafteten Verluste.
Rz. 75
Die in Abs. 1 S. 2 Nr. 2 genannten Fälle sind aber keine Fälle einer missbräuchlichen Gestaltung und sollten daher nicht zu einer Versagung von fortführungsgebundenen Verlustvorträgen führen. Die Verluste werden dem Organträger bzw. Mitunternehmer steuerlich zugerechnet; sie werden zwar nicht vom Stpfl. selbst erzielt, sondern von einer Organgesellschaft bzw. einer Mitunternehmerschaft. Die Zurechnung ist aber eine steuerliche Regelung, die das Ergebnis der Struktur beim Organträger bzw. Mitunternehmer abbildet. Warum die steuerlich zugerechneten Verluste dazu führen sollen, dass keine fortführungsgebundenen Verluste entstehen können, ist nicht nachvollziehbar. Zu kritisieren ist auch, dass die selbst erzielten Verluste des Stpfl. in diesen Fällen nicht zu fortführungsgebundenen Verlusten führen können.