Rz. 77
Gem. § 8d Abs. 1 S. 6 KStG wird der Verlustvortrag, der zum Ende des Vz des schädlichen Beteiligungserwerbs besteht, zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag. Es ist nicht auf den Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs und den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verlustvortrag bzw. laufenden Verlust abzustellen. Damit hat § 8d KStG eine überschießende Wirkung. Im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs geht gem. § 8c KStG nur der Verlustvortrag zum Schluss des vorangegangenen Vz sowie der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb entstandene (zeitanteilige) laufende Verlust unter. Der zeitanteilig nach dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandene laufende Verlust des Vz ist von § 8c KStG nicht betroffen. Trotzdem soll er nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 8d KStG ebenfalls zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag werden. § 8d KStG knüpft tatbestandlich an § 8c KStG an; eine Anwendung von § 8d KStG ist daher nur dann möglich, wenn der Anwendungsbereich von § 8c KStG eröffnet ist (dazu Rz. 3). Die tatbestandliche Verknüpfung bezieht sich aber nur auf den schädlichen Beteiligungserwerb; eine tatbestandliche Verknüpfung zu den gem. § 8c KStG anderenfalls untergehenden Verlusten und damit zur Rechtsfolge besteht aber nicht. Diese Gesetzessystematik ermöglicht es, dass von § 8d KStG auch Verluste betroffen sind, die nicht vom Untergang gem. § 8c KStG unterliegen.
Rz. 78
Sofern in Vz, die nach dem Vz, in dem der schädliche Beteiligungserwerb stattfand, weitere Verluste erwirtschaftet werden, sind diese nicht fortführungsgebunden.
Rz. 79
Der Verlust zum Ende des Vz, in dem der schädliche Beteiligungserwerb erfolgt, umfasst auch die davor in anderen Vz erwirtschafteten Verluste.
Rz. 80
Die Regelung stellt auf den Vz des schädlichen Beteiligungserwerbs ab. Unerheblich ist insoweit das Wirtschaftsjahr. Bei vom Kj. abweichenden Wirtschaftsjahren führt eine Anwendung nach dem Wortlaut zu unsystematischen Ergebnissen.
Die A-GmbH hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr, das zum 30.6. endet. In Jahr 01 erfolgt ein schädlicher Beteiligungserwerb i. H. v. 100 % der Anteile. Der schädliche Beteiligungserwerb erfolgt zum 30.8. und damit nach Ende des Wirtschaftsjahres. Die A-GmbH hat zum 30.6. einen Verlustvortrag von 40 TEUR; zum 30.8. beträgt der Verlust 60 TEUR (incl. Verlustvortrag zum 30.6.), zum 30.6. des Folgejahres hat die Gesellschaft einen Verlust von 100 TEUR (incl. Verlustvortrag zum 30.6. zum Vorjahr). Die Gesellschaft nimmt § 8d KStG in Anspruch.
Wortlautlösung
Der schädliche Beteiligungserwerb erfolgt im Vz 01, da der Vz das Kj. ist. Die A-GmbH kann gem. § 8d Abs. 1 S. 5 KStG den Antrag für den Vz 02 stellen, da der schädliche Beteiligungserwerb zwar in 01 erfolgt, aber in dem Wirtschaftsjahr, das in 02 endet und somit im Vz 02 (vgl. zum Zeitpunkt der Antragstellung unten Rz. 151).
Da dieser Vz 01 das Ergebnis des abweichenden Wirtschaftsjahres zum 30.6.01 umfasst, besteht zum Ende des Vz ein Verlustvortrag i. H. v. 60 TEUR. Dieser ist der fortführungsgebundene Verlustvortrag. Der im Zeitraum 30.6. bis 30.8. (schädlicher Beteiligungserwerb) erwirtschaftete Verlust wird dagegen nicht zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag.
Dieses Ergebnis ist unsinnig. Daher muss die Vorschrift ausgelegt werden. Es kann nur gemeint sein, dass ein schädlicher Beteiligungserwerb immer in den Vz fällt (unabhängig, wann er erfolgt), in dem er steuerlich berücksichtigt wird.
Lösung nach Auslegung
Der Antrag wird in Vz 02 gestellt. Aufgrund des abweichenden Wirtschaftsjahres wird der schädliche Beteiligungserwerb in Vz 02 steuerlich berücksichtigt. Für die Frage, in welcher Höhe Verluste zu fortführungsgebundenen Verlusten werden, ist damit auf den Bestand der Verluste zum Ende Vz 02 abzustellen. Sonst würden aber auch weitere Verluste, die zwischen dem 30.6.02 und dem 31.12.02 entstehen, zum fortführungsgebundenen Verlust. Auch dieses Ergebnis ist unsinnig. Daher muss auf den Bestand der Verluste am 30.6.02 abgestellt werden. Im Beispiel werden damit 100 TEUR zu fortführungsgebundenen Verlusten.
Rz. 81
Dieses Beispiel zeigt, dass die Regelung des § 8d KStG eine überschießende Wirkung hat, wenn sie streng nach dem Wortlaut ausgelegt wird. Es werden Verluste von den Einschränkungen des § 8d KStG erfasst, die nach dem schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschaftet werden und ohne die Anwendung des § 8d KStG frei verrechenbar gewesen wären. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift, wie hier im Beispiel vertreten, ist auch deshalb gerechtfertigt, weil Verlustvorträge verfahrensrechtlich zwar auf das Ende des Vz festgestellt werden, die Höhe der festzustellenden Verlustvorträge sich aber materiell nach dem Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres richtet.
Rz. 82
Erfolgt ein schädlicher Anteilseignerwechsel im Rahmen einer Umwandlung mit Rückwirkung, so bezieht sich diese Rückwirkung nach der hier vertretenen Auffassung auch auf den Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels. Zwar handelt es sich bei dem Anteilseignerwech...