Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 218
Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung, die mit Vorgängen im Bereich des Anlagevermögens zusammenhängt, sind 2 Fallgruppen denkbar. Die Gesellschaft kann ihr Vermögen dadurch mindern, dass sie dem Gesellschafter Anlagevermögen unter Wert verkauft (verhinderte Vermögensmehrung), oder indem sie von ihm Anlagegegenstände zu einem zu hohen Preis kauft (Vermögensminderung).
Rz. 218a
Wird ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens an einen Gesellschafter zu einem unangemessen niedrigen Preis verkauft, ist der Bilanzgewinn der veräußernden Gesellschaft um den Betrag gemindert, um den der Kaufpreis unter dem Wert liegt. Es ist eine bilanzielle Vermögensmehrung, die beim Verkauf zum tatsächlichen Wert eingetreten wäre, verhindert worden. Diese Minderung des (sonst eintretenden) Gewinns ist eine Verwendung von Gesellschaftsvermögen zu gesellschaftsrechtlichen Zwecken. Hierbei handelt es sich um eine Einkommensverwendung, die entgegen § 8 Abs. 3 KStG die steuerlichen Einkünfte und das Einkommen gemindert hat. Sie ist durch eine Zurechnung zu den steuerlichen Einkünften auszugleichen.
Rz. 218b
Entsprach der Wert des Wirtschaftsguts dem Buchwert und wurde es unter Buchwert an den Gesellschafter veräußert, ist bilanzmäßig insoweit aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ein Verlust und damit eine Einkommensminderung eingetreten. Dieser Verlust stellt, da gesellschaftsrechtlich veranlasst, eine Einkommensverwendung dar und ist bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte zu korrigieren.
Rz. 219
Beim Gesellschafter ist die nach der verdeckten Gewinnausschüttung bestehende Vermögenslage mit der zu vergleichen, die bestehen würde, wenn der ganze Vorgang zu schuldrechtlichen Bedingungen abgewickelt worden wäre. Der Differenzbetrag ist der Vorteil, der dem Gesellschafter aus gesellschaftsrechtlichen Gründen zugeflossen ist, also der Kapitalertrag aus der verdeckten Gewinnausschüttung.
Rz. 219a
Bilanziert der Gesellschafter, ist das erworbene Wirtschaftsgut bei ihm mit seinem Wert anzusetzen, d. h. mit dem zu geringen Kaufpreis zuzüglich des Betrags der verdeckten Gewinnausschüttung. Das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung führt insoweit zu einer Abkehr vom strengen Anschaffungskostenprinzip. Der Vorgang ist auch beim Gesellschafter entsprechend seinem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu erfassen. Daher muss die Bilanzierung des Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung nur der betrieblich veranlassten Umstände erfolgen. Wirkungen von gesellschaftsrechtlich veranlassten Vorgängen sind hierbei auszuscheiden. Durch die Bilanzierung mit dem wahren Wert entsteht (buchmäßig) ein Gewinn. Dies ist der Kapitalertrag aus der verdeckten Gewinnausschüttung.
Rz. 219b
Mit der Bilanzierung des Wirtschaftsguts zum tatsächlichen Wert (d. h. unter Einbeziehung des Betrags der verdeckten Gewinnausschüttung) wird auch eine mögliche doppelte Besteuerung des Betrags der verdeckten Gewinnausschüttung ausgeschlossen. Der Gesellschafter hatte die verdeckte Gewinnausschüttung bereits als Kapitalertrag versteuert. Eine zweite Besteuerung droht, wenn geringere Anschaffungskosten angesetzt werden, da dann bei einer Weiterveräußerung ein höherer Veräußerungsgewinn entsteht, oder da dann in den Folgejahren ein geringeres Abschreibungsvolumen zur Verfügung steht. Wird das Wirtschaftsgut im Privatvermögen des Gesellschafters gehalten, kann sich eine zweite Besteuerung nach den §§ 17, 21 oder 23 EStG ergeben.
Rz. 220
Erwirbt die Gesellschaft vom Gesellschafter ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens zu einem unangemessen hohen Preis, ist der Betrag, den die Gesellschaft aufwenden musste, um das Wirtschaftsgut zu erhalten, von der Gesellschaft zu aktivieren. Das ist nur der Betrag, der auf schuldrechtlicher Grundlage aufgewandt wurde, also der Drittvergleichspreis. Der überschießende Betrag, d. h. die verdeckte Gewinnausschüttung, wurde nicht zur Erlangung des Wirtschaftsguts, sondern im Interesse des Gesellschafters aufgewandt. Die Folgen sind danach zu bestimmen, ob die Anschaffungskosten korrigiert wurden oder nicht. Wird der überhöhte Anschaffungspreis in der Handels- und Steuerbilanz als Anschaffungskosten ausgewiesen, wird das Einkommen der Körperschaft nicht verändert. Im Jahr der Anschaffung liegt also keine Vermögensminderung vor, sodass eine Korrektur wegen einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht angezeigt ist. Allerdings ist diese Handhabung steuerlich nicht korrekt, da als Anschaffungskosten nur der Drittvergleichspreis angesetzt werden kann. Steuerlich ist daher, soll die Steuerbilanz nicht unrichtig werden, nur der Drittvergleichspreis als Anschaffungskosten anzusetzen. Soweit darin eine Abweichung von der Handelsbilanz und damit von dem Grundsatz der Maßgeblichkeit liegt, ist dies regelmäßig durch den Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 EStG gedeckt. Bei Ansatz nur des Drittvergleichspreises als Anschaffungskosten tritt sofort eine Minderung des Bilanzgewinns ein, da die Anschaffungskosten um den Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung ver...