Prof. Dr. Georg Schnitter
2.1 Allgemeines
Rz. 6
Ertragsteuerlich wird die Verschmelzung einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft bzw. eine natürliche Person wie eine fiktive Totalausschüttung des in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft ausgewiesenen Betriebsvermögens behandelt (vgl. Birkemeier, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, 2008, § 10 Rz. 8; Dötsch, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Aufl. 2007, § 10 Rz. 2). Auszugehen ist nach § 10 UmwStG von einer fiktiven Ausschüttung in Höhe des Betrags, der sich ergeben würde, wenn das in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abzüglich des Betrags, der nach § 28 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 KStG dem steuerlichen Einlagekonto gutzuschreiben ist, als am Übertragungsstichtag für eine Ausschüttung verwendet gelten würde. Die so ermittelte fiktive Ausschüttung gilt als Leistung i. S. v. § 38 KStG (vgl. Dötsch, a. a. O., § 10 Rz. 9). Sie hat in dem Vz, in den der steuerliche Übertragungsstichtag fällt, eine Erhöhung der KSt nach § 38 KStG i. H. v. 3/7 des durch die fiktive Ausschüttung verwendeten EK 02 zur Folge. Die Erhöhung der KSt ist beschränkt auf 3/10 des Bestands des EK 02. Ein danach noch verbleibender Restbestand an EK 02, der zu keiner Erhöhung der KSt geführt hat, geht ersatzlos unter.
Rz. 7
Die Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 KStG führt zu einer erhöhten Körperschaftsteuerschuld der übertragenden Körperschaft. Im Hinblick auf § 10 Nr. 2 KStG wird die Höhe des Einkommens der übertragenden Körperschaft durch die Körperschaftsteuererhöhung nicht berührt. Allerdings verringert sich durch die Körperschaftsteuererhöhung das Vermögen der übertragenden Körperschaft und damit auch das auf den übernehmenden Rechtsträger übergehende Vermögen. Folge ist eine entsprechende Minderung des Übernahmeergebnisses auf der Ebene der übernehmenden Personengesellschaft bzw. der natürlichen Person und der Einnahmen nach § 7 UmwStG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Rz. 8
In den Anwendungsbereich von § 10 UmwStG fallen nur übertragende Körperschaften i. S. d. §§ 3 bis 10 UmwStG, die über Bestände an EK 02 verfügen können. Dies sind im Wesentlichen nur die inländischen gliederungspflichtigen Anrechnungskörperschaften alten Rechts. Nicht in den Anwendungsbereich von § 10 UmwStG fallen z. B. in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt stpfl. EU- oder EWR-Gesellschaften. Gleiches gilt für die im Ausland ansässige SE bzw. SCE. Derartige Gesellschaften können über Bestände an EK 02 nicht verfügen. § 10 UmwStG ist auch bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung einer inländischen Körperschaft auf eine im Ausland ansässige EU- bzw. EWR-Personengesellschaft anzuwenden (vgl. Dötsch, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Aufl. 2007, § 10 Rz. 7). Ob an der übernehmenden Personengesellschaft Körperschaften oder natürliche Personen als Gesellschafter beteiligt sind, ist für die Anwendung von § 10 UmwStG nicht maßgeblich.
2.2 Höhe der fiktiven Gewinnausschüttung
Rz. 9
Nach § 10 UmwStG erhöht sich die KSt der übertragenden Körperschaft um den Betrag, der sich nach § 38 KStG ergeben würde, wenn das in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital – hierunter ist die Summe aus Nennkapital und allen Rücklagen zu verstehen – abzüglich des Betrags, der nach § 28 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 KStG dem steuerlichen Einlagekonto gutzuschreiben ist, als am Übertragungsstichtag für eine Ausschüttung verwendet gelten würde. Die nach dieser Formel ermittelte fiktive Gewinnausschüttung gilt als Leistung i. S. v. § 38 KStG.
Rz. 10
§ 10 UmwStG regelt nicht, ob für die fiktive Gewinnausschüttung auf das Eigenkapital am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs oder auf das Eigenkapital zum steuerlichen Übertragungsstichtag abzustellen ist. Nach Sinn und Zweck von § 10 UmwStG ist auf das zum steuerlichen Übertragungsstichtag vorhandene Eigenkapital abzustellen. Nur der zu diesem Zeitpunkt vorhandene Bestand des Eigenkapitals kann im Rahmen von § 10 UmwStG als ausgeschüttet gelten (vgl. Birkemeier, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, Umwandlungssteuergesetz, 2008, § 10 Rz. 26; Dötsch, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Aufl. 2007, § 10 Rz. 9).
Rz. 11
Die Körperschaftsteuererhöhung wird auf der Basis des für eine fiktive Gewinnausschüttung als verwendet geltenden Eigenkapitals i. S. v. § 10 UmwStG ermittelt. Das als verwendet geltende Eigenkapital ergibt sich aus der Differenz des in der Steuerbilanz zum steuerlichen Übertragungsstichtag ausgewiesenen Eigenkapitals und der nach § 29 Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG dem steuerlichen Einlagekonto gutzuschreibenden Beträge. Bei der Ermittlung des Eigenkapitals sind sämtliche Gewinnausschüttungen, die am steuerlichen Übertragungsstichtag abgeflossen sind oder als abgeflossen gelten, zu berücksichtigen (vgl. Dötsch, in Dötsch/Patt/Pung/Möhlenbrock, Umwandlungssteuerrecht, 6. Aufl. 2007, § 10 Rz. 9).
Rz. 12
Nach § 29 Abs. 1 KStG gilt das Nennkapital der übertragenden Körperschaft als in vollem Umfang nach ...