2.4.7.1 Allgemeines
Rz. 178
Anzuwenden sind die §§ 11ff. UmwStG auch auf die Verschmelzung einer Mutter- auf ihre Tochtergesellschaft (Abwärtsverschmelzung oder "downstream-merger", Rz. 19). Insbes. zählen die Tochtergesellschafts-Anteile auch dann zu den übergehenden Wirtschaftsgütern i. S. d. § 11 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 UmwStG, wenn sie im Fall des Direkterwerbs durch die Anteilseigner der Muttergesellschaft (Rz. 179) nicht in das Vermögen der übernehmenden Tochtergesellschaft gelangen (Rz. 180ff.). Zudem ist beim Buch-/Zwischenwertansatz für die Bewertung der Anteile § 11 Abs. 2 S. 2, 3 UmwStG zu beachten (Rz. 185ff.).
Rz. 178a
In der Praxis kommt die Abwärtsverschmelzung häufig im Nachgang zu einer fremdfinanzierten Akquisition vor, um Akquisitionsverbindlichkeiten mit den mittelbar damit finanzierten Vermögensgegenständen zusammenzuführen: die den Kaufpreis fremdfinanzierende Erwerbergesellschaft ("BidCo") wird auf die erworbene Zielgesellschaft verschmolzen, die infolgedessen insbes. die Finanzierungsdarlehen übernimmt (sog. "debt-pushdown"). Alternativ bietet es sich an, eine Organschaft zu begründen.
Rz. 179
Bei der Abwärtsverschmelzung können den Anteilseignern der übertragenden Muttergesellschaft wahlweise (i) neu geschaffene Anteile an der übernehmenden Tochtergesellschaft gewährt oder (ii) ohne Kapitalerhöhung die bislang von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile ausgekehrt werden (§ 54 (bzw. 68) Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UmwG). Bei Gewährung neuer (oder eigener) Anteile gehen die bislang von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile als dann eigene Anteile auf die Tochtergesellschaft über. Werden den Anteilseignern die bestehenden Tochtergesellschafts-Anteile ausgekehrt (was in der Praxis die Regel ist), erwerben sie diese direkt von der Mutter- und nicht im Wege eines Durchgangserwerbs "über" die Tochtergesellschaft.
2.4.7.2 Tochtergesellschafts-Anteile als übergehendes Wirtschaftsgut
Rz. 180
Die bestehenden Tochtergesellschafts-Anteile gehören nicht nur dann zu den übergehenden Wirtschaftsgütern i. S. d. § 11 Abs. 1, 2 S. 1 UmwStG, wenn sie (ausnahmsweise) auf die Tochtergesellschaft übergehen, sondern nach dem BFH auch im Fall des Direkterwerbs durch die Anteilseigner der übertragenden Muttergesellschaft. Folglich sind die Anteile stets in der steuerlichen Schlussbilanz zu erfassen, und zwar grds. mit dem gemeinen Wert. Ein Buch- oder Zwischenwertansatz ist auch insoweit nur unter den Voraussetzungen von § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 UmwStG zulässig. Soweit Nr. 1 und Nr. 2 weitere Anforderungen in Bezug auf die "übernehmende Körperschaft" stellen, ist auf diejenige Person abzustellen, die die Anteile erwirbt. Nach im Ergebnis ähnlicher Verwaltungsauffassung, die aber die Anteilseigner explizit nicht als "übernehmende Körperschaft" ansieht, müssen für einen Buch-/Zwischenwertansatz allerdings nur die Voraussetzungen von § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 UmwStG erfüllt sein.
Rz. 181
Damit hat sich der BFH gegen die bisher h. M. gestellt, nach der die Tochtergesellschafts-Anteile beim Direkterwerb – weil sie nicht in das Vermögen der übernehmenden Tochtergesellschaft gelangen – nicht dem Regime des § 11 Abs. 1, 2 S. 1 UmwStG unterfallen, sondern allein § 11 Abs. 2 S. 2, 3 UmwStG.
Rz. 182
Bedeutung hat die BFH-Rspr. zunächst für eine inl. übertragende Muttergesellschaft mit einem DBA-ausl. Anteilseigner, und zwar sowohl bei rein inl. Abwärtsverschmelzungen als auch bei "Abwärts-Hinausverschmelzungen". Da das Besteuerungsrecht für Anteils-Veräußerungsgewinne regelmäßig dem Anteilseigner-Ansässigkeitsstaat zugewiesen ist (vgl. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA), scheitert der Buchwertansatz in diesen Fällen an § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG (rechtliche Entstrickung); anders (i) ausnahmsweise, wenn die Tochtergesellschaft eine (inl. oder ausl.) "Grundstücksgesellschaft" i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. aa oder cc EStG, Art. 13 Abs. 4 OECD-MA ist und (ii) möglicherweise, wenn die Tochtergesellschafts-Anteile einer inl. Betriebsstätte des Anteilseigners zuzuordnen sind (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, Art. 13 Abs. 2 OECD-MA). Besteht kein DBA, bleibt bei der rein inl. Abwärtsverschmelzung das deutsche Besteuerungsrecht darüber hinaus generell erhalten (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. aa EStG). Bei der Abwärts-Hinausverschmelzung können ggf. drei Staaten involviert sein (DBA-Dreieckssachverhalt).
Rz. 182a
Als Gestaltungsmöglichkeit könnte sich jedenfalls bei der rein inl. Abwärtsverschmelzung anbieten, neue Anteile an der Tochtergesellschaft auszugeben (Rz. 179).
Rz. 182b
Offen ist die Folgewirkung der...