Rz. 196

Die Steuerfreiheit der Spaltung ist nach Abs. 2 S. 3 weiterhin ausgeschlossen, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden. Auch diese Vorschrift ist eine Regelung zur Verhinderung von Missbräuchen, wenn eine steuerneutrale Übertragung des Vermögens angestrebt wird, die bisherigen Gesellschafter aber keine Fortsetzung des unternehmerischen Engagements planen.[1]

Rz. 197 einstweilen frei

 

Rz. 198

Für den Begriff "Veräußerung" wird auf die Rz. 167ff. verwiesen.

Rz. 199 einstweilen frei

 

Rz. 200

Die Vorschrift erfordert weiter, dass durch die Spaltung die "Voraussetzungen" für eine Veräußerung geschaffen werden. Die Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals ist unklar. Bei einem strengen Verständnis kann eine Spaltung nie die Voraussetzungen für eine Spaltung "schaffen", denn die Anteile an den beteiligten Rechtsträgern sind bereits vor der Spaltung in aller Regel veräußerbar. S. 3 stellt insofern m. E. darauf ab, ob die Spaltung der "Vorbereitung" einer Veräußerung dient.[2] Die Finanzverwaltung will dies vor allem daran festmachen, ob bei der Spaltung eine Veräußerungsabsicht bestand.[3]

Fraglich ist aber, ob S. 3 neben S. 4 einen eigenständigen Anwendungsbereich hat. Von der h.Lit. wird dies verneint; S. 3 und S. 4 (teilweise auch zusammen mit S. 2) würden insofern eine Einheit bilden.[4]

Teilweise wird aber auch vertreten, dass S. 3 neben S. 4 einen eigenständigen Anwendungsbereich habe.[5] Der Unterschied besteht im Wesentlichen in der Frage, ob auch Anteilsveräußerungen unter 20 % oder nach 5 Jahren die Steuerneutralität der Spaltung gefährden können. Nach der letztgenannten Auffassung ist dies der Fall.

Die Position der Finanzverwaltung ist m. E. nicht eindeutig. Nach dem Umwandlungssteuererlass sind Anteilsveräußerungen nach Ablauf der 5-jährigen Sperrfrist eindeutig unschädlich[6]

, sodass man davon ausgehen könnte, dass S. 3 keinen eigenständigen Anwendungsbereich mehr hat. Gleichwohl gibt es Verwaltungsverlautbarungen nach Erlass des Umwandlungssteuererlasses, die davon ausgehen, dass zumindest bei einer Veräußerung unter 20 % S. 3 zur Anwendung kommen kann.[7]

Insoweit soll S. 3 einen eigenständigen Anwendungsbereich haben, wenn weniger als 20 % veräußert werden und bei der Spaltung bereits eine Veräußerungsabsicht bestand.[8]

Das Verhältnis zu Rz. 15.32 des Umwandlungssteuererlasses soll dadurch gelöst werden, dass sich Rz. 15.32 nur auf S. 4 beziehen soll und daher für S. 3 keine Aussage treffe.[9]

Der BFH tendiert m. E. dahin, S. 3 und S. 4 als Einheit zu lesen, wodurch S. 3 keinen eigenständigen Anwendungsbereich mehr hätte.[10]

Nach zwei sich entgegenstehenden FG-Urteilen[11] wird er die Frage im Rahmen der Revision nun zu entscheiden haben.

M.E. ist der h.Lit. in der Hinsicht zu folgen, dass S. 3 gegenüber S. 4 keinen eigenen Anwendungsbereich hat. Geht man – wie hier (Rz. 186ff.)- davon aus, dass S. 2 keinen eigenen Anwendungsbereich hat, läuft der Regelungsinhalt von § 15 Abs. 2 S. 2-4 UmwStG darauf hinaus, dass nur Veräußerungen i. S. des S. 4 schädlich sind. Dies hat zur Folge, dass S. 3 nicht zur Steuerschädlichkeit führt, wenn bei der Spaltung bereits eine Veräußerungsabsicht bestanden hat, die Spaltung auch zur Vorbereitung dieser Veräußerung durchgeführt wird, die Veräußerung dann aber weniger als 20 % der Anteile beträgt oder wenn die Veräußerung entgegen der Absicht ganz unterbleibt. Steuerunschädlich ist auch eine Veräußerung von mehr als 20 % der Anteile nach Ablauf von 5 Jahren. Da S. 3 nur im Rahmen des S. 4 Bedeutung entfaltet, ist die "Missbrauchsgrenze" von 20 % bzw. von 5 Jahren als gesetzlich abschließend normiert aufzufassen, d. h., bei einer Veräußerung außerhalb dieser Grenzen liegt kein Missbrauch vor.

 

Rz. 201

Für die Frage, ob die in S. 3, 4 liegende Missbrauchsregelung gegen die Fusionsrichtlinie verstößt, wird auf Rz. 163ff. verwiesen.

 

Rz. 202

Fraglich ist, ob bei dem Tatbestand der S. 3, 4 nur eine Veräußerung an "außenstehende Personen" schadet oder auch eine Veräußerung an andere Gesellschafter. Im Unterschied zu dem Tatbestand des Abs. 2 S. 2 enthalten S. 3, 4 keine ausdrückliche Einschränkung auf außenstehende Personen. Da die S. 2-4 aber als Einheit zu lesen sind, ist insgesamt nur eine Veräußerung an außenstehende Personen schädlich. Insoweit muss in S. 3 von einer unsauberen Formulierung des Gesetzes ausgegangen werden.[12] Dafür spricht auch, dass Abs. 2 S. 5 für Veräußerungen innerhalb des Gesellschafterkreises eine Sonderregelung enthält.

[2] Vgl. insofern auch die Gesetzesbegründung zum UmwStG 1995, BT-Drs. 12/6885, 23, Beispiel 2.
[3] Vgl. FinMin Brandenburg v. 16.7.2014, 35 – S 1978b – 2014#001, DStR 2014, 2180; FinBeh Hamburg v. 13.4.2015, S 1978c – 2012/002 – 53, DB 2015, 1134.
[4] Dötsch/Stimpel, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 15 UmwStG Rz. 277; Schumacher, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 15 ...

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