7.4.1 Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs

 

Rz. 100

Wird ein übernommener Teilbetrieb innerhalb von 5 Jahren nach der Umwandlung von der Übernehmerin veräußert oder aufgegeben, unterliegt der erzielte Gewinn nach § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG der GewSt. § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG verhindert, dass die Missbrauchsvorschrift des § 18 Abs. 3 S. 1 UmwStG dadurch umgangen werden kann, dass nicht der ganze Betrieb, sondern nur ein Teilbetrieb veräußert wird. § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG erfasst nur die Veräußerung oder Aufgabe eines Teilbetriebs durch die übernehmende Personengesellschaft oder natürliche Person.

 

Rz. 101

Aus dem UmwStG ergibt sich nicht, was unter einem Teilbetrieb zu verstehen ist. Ausgehend von der Gesetzesbegründung[1], wonach für grenzüberschreitende und inl. Umstrukturierungen die gleichen Grundsätze gelten sollen, ist der Teilbetriebsbegriff aus der FRL abzuleiten.[2] Dieser europarechtliche Teilbetriebsbegriff gilt einheitlich für alle relevanten Tatbestände des UmwStG.[3] Geltung hat er damit auch im Rahmen von § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG. Der Teilbetriebsbegriff bestimmt sich nach Art. 2 Buchst. j FRL. Danach ist unter einem Teilbetrieb die Gesamtheit der in einem Unternehmensteil einer Gesellschaft vorhandenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter zu verstehen, die in organisatorischer Hinsicht einen selbstständigen Betrieb, d. h. eine aus eigenen Mitteln funktionsfähige Einheit darstellen.

 

Rz. 102

Nicht als Teilbetrieb i. S. d. § 18 Abs. 3 UmwStG gilt eine im Betriebsvermögen gehaltene 100-%-ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft.[4] Die Teilbetriebsfiktion nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG gilt mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung im Rahmen von § 18 Abs. 3 UmwStG nicht.

 

Rz. 103

§ 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG erfasst nach dem ausdrücklichen Wortlaut der gesetzlichen Regelung sowohl die Fälle, in denen der durch die Übernehmerin veräußerte bzw. aufgegebene Teilbetrieb zum übernommenen Vermögen gehört hat, als auch die Fälle, in denen der durch die Übernehmerin veräußerte bzw. aufgegebene Teilbetrieb in keinem Zusammenhang mit dem übernommenen Vermögen gestanden hat.[5]

 

Rz. 104

Hinsichtlich der Veräußerung und Aufgabe eines Teilbetriebs gelten die Ausführungen zur Veräußerung und Aufgabe eines Betriebs in den Rz. 80ff. entsprechend.

[1] BT-Drs. 16/2710, 25f.
[2] BMF v. 11.11.2011, IV C 2 – S 1978-b/08/10001, BStBl I 2011, 1314, Rz. 18.05; Trossen, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 82; a. A. Pung/Bernhagen, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 18 UmwStG Rz. 64.
[3] Weier, DStR 2008, 1002; Beinert/Benecke, FR 2010, 1009.
[4] Trossen, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 82; a. A. Pung/Bernhagen, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 18 UmwStG Rz. 64.
[5] Roser, in Haase/Hofacker, UmwStG, 3. Aufl. 2021, § 18 UmwStG Rz. 67; a. A. Trossen, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 18 UmwStG Rz. 84.

7.4.2 Veräußerung oder Aufgabe eines Anteils an der Personengesellschaft

 

Rz. 105

Nach § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG unterliegt auch die Veräußerung bzw. Aufgabe eines Mitunternehmeranteils an der übernehmenden Personengesellschaft innerhalb von 5 Jahren nach der Umwandlung der GewSt. Hierdurch wird verhindert, dass die GewSt-Pflicht umgangen werden kann, indem nicht die Personengesellschaft den Betrieb bzw. den Teilbetrieb veräußert, sondern die Mitunternehmer ihre Anteile.

 

Rz. 106

Die Regelung gilt unabhängig davon, ob die Veräußerung des Anteils an der Überträgerin GewSt ausgelöst hätte oder nicht.[1] Unerheblich für die GewSt-Pflicht nach § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG ist auch, ob und in welchem Umfang der veräußernde bzw. aufgebende Gesellschafter am steuerlichen Übertragungsstichtag bereits an der übertragenden Kapitalgesellschaft bzw. der übernehmenden Personengesellschaft beteiligt war. Folge ist, dass bei der Veräußerung eines Anteils an der übernehmenden Personengesellschaft der gesamte Mitunternehmeranteil und bei der Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils der entsprechende Teil von § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG erfasst wird. Eine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils liegt dabei auch vor, wenn ein Gesellschafter gegen Abfindung durch die Mitgesellschafter aus der übernehmenden Personengesellschaft ausscheidet.[2]

 

Rz. 107

§ 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG erfasst nur die Veräußerung bzw. Aufgabe von Anteilen an der übernehmenden Personengesellschaft[3], nicht aber die Veräußerung bzw. Aufgabe von Anteilen durch die übernehmende Personengesellschaft an einer anderen Personengesellschaft. Nicht der GewSt nach § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG unterliegt somit die Veräußerung bzw. Aufgabe eines im Wege der Umwandlung erworbenen Anteils an einer anderen Personengesellschaft durch die übernehmende Personengesellschaft. Im Rahmen von § 18 Abs. 3 S. 2 UmwStG fehlt eine dem § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG entsprechende Regelung.[4] Gleiches gilt bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft, wenn die Anteile an der Untergesellschaft durch eine Umwandlung nach den §§ 3 bis 9 oder 16 UmwStG entstanden sind und die Anteile an der ...

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