Rz. 182

§ 2 Abs. 5 UmwStG wurde durch Gesetz v. 2.6.2021 (AbzStEntModG; s. Rz. 6) eingeführt und beschränkt auf der Ebene des übernehmenden Rechtsträgers die steuerwirksame Realisierung bestimmter stiller Lasten aus Finanzinstrumenten oder Anteilen an einer Körperschaft. Die Norm enthält weitere Regelungen zur Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen unter Inanspruchnahme der Regelungen zum steuerlichen Rückbezug – in Ergänzung zu § 2 Abs. 4 UmwStG. Der Gesetzgeber bezweckt Gestaltungen zu verhindern, die darauf abzielen, einem Dritten im steuerlichen Rückwirkungszeitraum geschaffenes Verlustpotenzial (noch nicht realisierte stille Lasten) zur Verrechnung mit positiven Einkünften nach einer Umwandlung zur Verfügung zu stellen.[1] Ohne die Norm könnten stille Lasten in Finanzinstrumenten oder Anteilen an einer Körperschaft von dem übertragenden Rechtsträger im steuerlichen Rückwirkungszeitraum realisiert und von dem übernehmenden Rechtsträger zum Ausgleich oder der sonstigen Verrechnung von Gewinnen genutzt werden.

 

Rz. 183

Welchen Anwendungsbereich der Gesetzgeber bei Einführung der Norm vor Augen hatte, ist auf den ersten Blick nicht ohne weiteres erkennbar. Der in der Gesetzesbegründung genannte Grundfall kann zur Veranschaulichung des Anwendungsbereichs dienen:

 

Praxis-Beispiel

Eine Körperschaft (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) gründet im Jahr 01 eine Tochtergesellschaft (T), die im Jahr 02 ein Finanzinstrument anschafft, das nach der Anschaffung erheblich an Wert verloren hat. Die Körperschaft veräußert die T anschließend an eine andere, dritte Körperschaft, die anschließend die T auf sich rückwirkend mit dem Ziel verschmilzt, die in dem Finanzinstrument ruhenden stillen Lasten bei sich einkommensmindernd zu nutzen.[2]

 

Rz. 184

Eine solche Übertragung von Verlusten stünde nach der Auffassung des Gesetzgebers im Widerspruch zu allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen. Der Gesetzgeber nennt das Subjektsteuerprinzip[3] und das Prinzip nach der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit und zudem den Sinn und Zweck des UmwStG. Dieser Zweck ziele darauf ab, betrieblich sinnvolle Umstrukturierungen nicht durch steuerliche Belastungen zu behindern, nicht aber, die Steuerlast Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit durch Verrechnung mit künstlichen Verlusten zu minimieren.[4]

 

Rz. 185

Durch die neue Regelung sollen Gestaltungen unterbunden werden, bei denen die Verlustnutzungsbeschränkungen des § 2 Abs. 4 UmwStG bisher nicht zur Anwendung gelangten, weil stille Lasten nicht von dem Verlustuntergang nach § 8c KStG betroffen sind. Im Grundfall (s. Rz. 183) greift die Abzugsbeschränkung des § 8b Abs. 3 S. 3 KStG nicht, weil die Finanzinstrumente dem Anwendungsbereich des § 8b Abs. 7 KStG unterfallen, so dass § 8b Abs. 1 bis Abs. 6 KStG nicht anzuwenden sind.

[1] BT-Drs. 19/27632, 65; ebenso Haase/Nürnberg, Ubg 2020, 674, 684; Liedgens, Ubg 2021, 283, 290.
[2] BT-Drs. 19/27632, 65.
[3] Das Subjektsteuerprinzip dient dogmatisch vielfach als Erklärungsmuster für die Besteuerung von Umstrukturierungen (Graw, in FS für den BFH, Band II, 2018, 1433, 1434f. m. w. N.), ist aber in seiner Bedeutung umstritten (Danz, FR 2018, 160, 163f.). Dem Subjektsteuerprinzip liegt der Grundsatz zugrunde, dass jedes Steuersubjekt sein eigenes Einkommen zu versteuern hat.
[4] BT-Drs. 19/27632, 65; kritisch zur Begründung des Gesetzgebers Haase/Nürnberg, Ubg 2020, 674, 684; Liedgens, Ubg 2021, 283, 290.

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