4.4.1 Überblick über die Einschränkungen
Rz. 273
- Auch soweit die 4 materiellen Buchwertvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 bis 4 UmwStG und damit die Voraussetzungen für eine Antragstellung erfüllt sind und die übernehmende Gesellschaft zudem gewillt ist, den Antrag auf Buchwertfortführung zu stellen, kann es zwangsweise zum Ansatz des gemeinen Werts oder eines (ggf. höheren) Zwischenwerts kommen. Dies kann der Fall sein, wenn dem Einbringenden neben den neuen Anteilen auch sonstige Gegenleistungen gewährt werden, deren gemeiner Wert die sich aus § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG ergebenden Wertansätze übersteigt, oder
- wenn bzw. soweit für das eingebrachte Betriebsvermögen erstmals das deutsche Besteuerungsrecht begründet wird oder
- wenn bzw. soweit eine Antragstellung gesetzlich zwar zulässig, tatsächlich jedoch unmöglich ist oder
- wenn bzw. soweit bisher überhaupt kein Buchwert existiert, der fortgeführt werden könnte.
4.4.2 Gewährung einer "überdimensionierten" sonstigen Gegenleistung (§ 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG)
Rz. 274
Erhält der Einbringende neben den Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft auch sonstige Gegenleistungen, deren gemeiner Wert den sich nach etwaiger Anpassung infolge § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG ergebenden Buchwert bzw. das infolge § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG angepasste buchmäßige Eigenkapital des eingebrachten Betriebsvermögens übersteigt, hat die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens mit dem gemeinen Wert der sonstigen Gegenleistungen anzusetzen.
Rz. 275
Bereits aufgrund von § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG kann es zu einer zwangsweisen Buchwertaufstockung kommen. Je nach Höhe des gemeinen Werts der sonstigen Gegenleistungen kann es sein, dass das eingebrachte Betriebsvermögen mit einem (noch höheren) Zwischenwert oder im Ausnahmefall sogar mit seinem gemeinen Wert anzusetzen ist. Aufgrund der nach § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 UmwStG bereits vorausgehenden Buchwertanpassung im Fall einer die Wertobergrenze übersteigenden sonstigen Gegenleistung beschränkt sich die Anwendung von § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG auf Fälle von extrem hohen, weit über dem Buchwert liegenden sonstigen Gegenleistungen.
Rz. 276
Der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, gilt nach § 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG für den Einbringenden u. a. als Veräußerungspreis für das eingebrachte Betriebsvermögen. Der Zwischenwertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft führt folglich beim Einbringenden zu einem Veräußerungsgewinn.
Ein Einzelunternehmer bringt seinen Betrieb mit einem Buchwert von 500.000 EUR und einem gemeinen Wert von 50 Mio. EUR in eine GmbH ein. Die übernehmende GmbH gewährt dem Einbringenden neue Gesellschaftsanteile und sonstige Gegenleistungen mit einem gemeinen Wert von 10,5 Mio. EUR.
Nach § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 Buchst. b UmwStG beläuft sich die Wertobergrenze auf 500.000 EUR und der übersteigende gemeine Wert der sonstigen Gegenleistungen auf 10 Mio. EUR. Folglich beträgt der entgeltliche Teil der Einbringung 20 % (10 Mio. EUR : 50 Mio. EUR). Demzufolge errechnet sich der Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft mit 80 % des bisherigen Buchwerts, mithin mit 400.000 EUR, zuzüglich der Anschaffungskosten in Höhe des übersteigenden gemeinen Werts der sonstigen Gegenleistungen i. H. v. 10 Mio. EUR. Der Wertansatz nach § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG beträgt danach insgesamt 10,4 Mio. EUR.
Da der gemeine Wert der sonstigen Gegenleistungen mit 10,5 Mio. EUR über dem Wertansatz nach § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG liegt, ist der Wertansatz nach § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG auf 10,5 Mio. EUR zu erhöhen.
Rz. 277 einstweilen frei
Rz. 278
Die Anschaffungskosten der vom Einbringenden empfangenen neuen Gesellschaftsanteile vermindern sich nach § 20 Abs. 3 S. 3 UmwStG um den gemeinen Wert der insgesamt gewährten sonstigen Gegenleistungen. Durch die im obigen Beispiel beschriebene Wertansatzerhöhung nach § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG wird vermieden, dass es infolge der Anschaffungskostenminderung nach § 20 Abs. 3 S. 3 UmwStG zu negativen Anschaffungskosten kommt.
Rz. 279
Die Gewährung der sonstigen Gegenleistungen kann dazu dienen, einen wertmäßigen Ausgleich unter den Einbringenden zu ermöglichen.
4.4.3 Erstmalige Begründung des deutschen Besteuerungsrechts
Rz. 280
Ausweislich der Gesetzesbegründung soll entsprechend der Regelung des § 4 Abs. 1 S. 8 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG insoweit das Bewertungswahlrecht eingeschränkt und der gemeine Wert anzusetzen sein, als das deutsche Besteuerungsrecht durch die Einbringung erstmalig begründet wird. Der Einheitlichkeitsgrundsatz steht dem nicht entgegen.
Rz. 281
Nach einer Literaturansicht wird der Ansatz des gemeinen Werts nicht aus einer bloß entsprechenden Anwendung des § 4 Abs. 1 S. 7 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG, sondern aus einer unmittelbaren Anwendung dieser Regelungen hergeleitet.
Nach a. A. ist dieses Ergebnis im Wege der Auslegung der Bewertungsvorschriften aus den allgemeinen Bestimmungen des § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 S. 8 und § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG abzuleiten.
Rz. 282
Da die abkommensrechtliche Freistellungsverpflichtung und die Nichtverhaftung im Rahme...