Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 4
§ 1 UmwStG regelt den persönlichen und den sachlichen Anwendungsbereich des UmwStG, jedoch nur soweit Umwandlungen im engeren Sinne, Verschmelzungen von Körperschaften und Spaltungen von Körperschaften betroffen sind. In § 1 UmwStG nicht geregelt wird der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der Einbringung (vgl. §§ 20ff. UmwStG).
Für den persönlichen Anwendungsbereich enthält § 1 Abs. 1 UmwStG nur eine Regelung für den umzuwandelnden Rechtsträger, der eine Körperschaft sein muss. Daraus ist zu folgen, dass Beschränkungen für den übernehmenden Rechtsträger nicht bestehen; alle Rechtsträger, die nach den handelsrechtlichen Vorschriften übernehmende Rechtsträger sein können, können dies auch nach den steuerrechtlichen Vorschriften sein.
Umgewandelt werden können nach den Vorschriften des UmwStG danach folgende Rechtsträger:
- Kapitalgesellschaften nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG; hierzu gehören AG, KGaA und GmbH (vgl. § 1 KStG Rz. 16ff.);
- Eingetragene Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG (vgl. § 1 KStG Rz. 25f.);
- Eingetragene (Ideal-)Vereine nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG (vgl. § 1 KStG Rz. 30f.);
- Eingetragene wirtschaftliche Vereine nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG (vgl. § 1 KStG Rz. 30f.);
- Genossenschaftliche Prüfungsverbände;
- Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 KStG (vgl. § 1 KStG Rz. 27f.);
- Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts (einschließlich Betriebe gewerblicher Art) nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG (vgl. § 1 KStG Rz. 38ff.).
Nicht umgewandelt werden können daher insbesondere nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts.
Rz. 4a
Außerhalb dieser Regelung des persönlichen Anwendungsbereichs nach § 1 Abs.1, die sich an die Regelungen des UmwG anlehnt, stehen die §§ 20—24 UmwStG (Einbringungen). Die Einbringungen bilden eine steuerrechtliche Besonderheit, die sich zum Teil mit der handelsrechtlichen Regelung überschneidet, aber durchaus eigenständige Regelungen enthält, z. B. keine Gesamtrechtsnachfolge voraussetzt. Der persönliche Regelungsbereich der Einbringungsvorschriften richtet sich daher nicht nach § 1, sondern nach den §§ 20ff. UmwStG.
Rz. 5
Für den persönlichen Anwendungsbereich für Umwandlungen im engeren Sinne, Verschmelzungen und Spaltungen bestimmt Abs. 5 weiter, dass die Regelungen der §§ 1—19 UmwStG nur für Körperschaften gelten, die nach § 1 KStG unbeschränkt steuerpflichtig sind, also im Inland ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung haben. Für den übernehmenden Rechtsträger enthält Abs. 5 keine Regelung (zur unbeschränkten Steuerpflicht vgl. § 1 KStG Rz. 47ff.).
Die Regelung des Abs. 5 ist im Zusammenhang mit Abs. 1 zu sehen, wonach die §§ 1—19 UmwStG nur für Umwandlungen im Sinne des § 1 UmwG gelten. Abs. 5 erweist sich damit als irreführend und letztlich überflüssig. § 1 Abs. 1 UmwG bestimmt nämlich, dass an einer Umwandlung nur Rechtsträger mit Sitz im Inland beteiligt sein können, und zwar sowohl als übertragende als auch als übernehmende Rechtsträger. Da § 1 Abs. 1 UmwStG auf § 1 UmwG verweist, gilt diese Regelung auch für das Steuerrecht; sie ist erheblich enger als § 1 Abs. 5 UmwStG.
Der Ort des Sitzes i.S.d. § 1 Abs. 1 UmwG bestimmt, welche Rechtsordnung anzuwenden ist. Da das UmwG nur anzuwenden ist, wenn der Rechtsträger seinen Sitz im Inland hat, bedeutet dies für die Anwendbarkeit der §§ 3ff. UmwStG, dass der Rechtsträger dem deutschen Recht unterliegen muss. „Sitz” ist dabei nicht als der in der Satzung bestimmte Sitz zu verstehen, sondern als der Ort, an dem die tatsächliche Verwaltung der Gesellschaft geführt wird; der „Sitz” in diesem Sinne entspricht dem steuerlichen Begriff der Geschäftsleitung. Der in der Satzung bestimmte Sitz hat demgegenüber handelsrechtlich keine Bedeutung.
Hieraus folgt, dass eine Gesellschaft, die ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland, ihre tatsächliche Verwaltung aber im Ausland hat, nicht unter das UmwG fällt und steuerlich daher auch nicht nach dem UmwStG zu behandeln ist, obwohl eine solche Gesellschaft wegen des satzungsmäßigen Sitzes im Inland unbeschränkt steuerpflichtig wäre, nach § 1 Abs. 5 UmwStG also unter das UmwStG fiele.
Die Regelung, dass das UmwG, und damit auch die §§ 1—19 des UmwStG, nur anwendbar ist, wenn sowohl übertragender als auch übernehmender Rechtsträger ihren Sitz im Inland haben, gilt nach der insoweit nicht eingeschränkten Regelung des § 1 Abs. 1 UmwG sowohl für Personengesellschaften als auch für natürliche Personen. Personengesellschaften müssen ihren Sitz im Inland haben, natürliche Personen müssen Inländer sein.
Grenzüberschreitende Umwandlungen sind daher nicht zugelassen. Der Gesetzgeber hat insoweit eine Richtlinie der EG abgewartet.
Anders ist die Regelung für Einbringungen (vgl. §§ 20ff. UmwStG). Hier sind Einbringungen „über die Grenze” im Rahmen der Europäischen Union möglich (vgl. § 23 UmwStG).