Rz. 4

Für die Verschmelzung hat die übertragende Körperschaft zwingend eine Übertragungsbilanz auf den steuerlichen Übertragungsstichtag aufzustellen (vgl. § 2 Rz. 8, § 11 Rz. 9). Der übernehmende Rechtsträger hat dagegen bei der Verschmelzung durch Aufnahme keine Übernahmebilanz aufzustellen. Er kann den Verschmelzungsvorgang als laufenden Geschäftsvorfall in der Buchführung erfassen, so dass die übertragenen Wirtschaftsgüter erst in der Schlussbilanz auf das Ende desjenigen Wirtschaftsjahres ausgewiesen werden, in das der Verschmelzungsvorgang fällt. Um zu den richtigen Wertansätzen bei der übernehmenden Körperschaft zu kommen, ist es jedoch zweckmäßig, zumindest gedanklich von einer Übernahmebilanz auszugehen. Bei einer Verschmelzung durch Neugründung ist dagegen für den im Zuge des Verschmelzungsvorgangs neu gegründeten Rechtsträger eine Eröffnungsbilanz aufzustellen, in der das übernommene Vermögen ausgewiesen wird. Diese Eröffnungsbilanz hat die Funktion einer Übernahmebilanz.

 

Rz. 5

Abs. 1 enthält, anschließend an § 11 Abs. 1, das Prinzip der Wertverknüpfung der Übertragungsbilanz der übertragenden Körperschaft mit der (Übernahme-) Bilanz der übernehmenden Körperschaft. Abs. 1 verweist auf § 4 Abs. 1. Danach hat die übernehmende Körperschaft das übernommene Vermögen mit den in der steuerlichen Schlussbilanz (Übertragungsbilanz) enthaltenen Werten in ihrer Bilanz anzusetzen. Ein Wahlrecht besteht insoweit nicht; die Wertverknüpfung zwischen Übertragungs- und Übernahmebilanz ist zwingend. Dies gilt uneingeschränkt; Abweichungen von dem von der übertragenden Körperschaft gewählten Wertansatz sind nicht möglich. Die Entscheidung über die Bilanzierung wird somit in der Übertragungsbilanz der übertragenden Körperschaft getroffen; die übernehmende Körperschaft ist an diese Wertansätze gebunden.

Die Wertverknüpfung gilt für den Zeitpunkt des steuerlichen Übergangs des Vermögens (steuerlicher Übertragungsstichtag, vgl. § 2 Rz. 2). Ab diesem Zeitpunkt sind die Wertansätze in der Buchführung der übernehmenden Körperschaft weiterzuentwickeln. In der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres der übernehmenden Körperschaft, in das der Vermögensübergang fällt, werden die Wertansätze daher bereits von den Wertansätzen der Übertragungsbilanz abweichen. Die Wertverknüpfung besteht daher zwischen Übertragungs- und Übernahmebilanz, nicht zwischen Übertragungs- und Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres.

 

Rz. 6

Die Wertverknüpfung gilt unabhängig davon, ob und wie das Wahlrecht von der übertragenden Körperschaft (vgl. § 11 Rz. 20) ausgeübt worden ist. Sie tritt also sowohl dann ein, wenn bei der übertragenden Körperschaft die (fortgeführten) Buchwerte zur Vermeidung eines steuerpflichtigen Gewinns angesetzt worden sind, als auch dann, wenn die übertragende Körperschaft Teil- oder Zwischenwerte angesetzt hat. Diese Bindung gilt auch für nachträgliche Änderungen bzw. Berichtigungen der Verschmelzungsbilanz der übertragenden Körperschaft. Wird die Verschmelzungsbilanz etwa auf Grund einer Außenprüfung bei der (ehemaligen) übertragenden Körperschaft geändert, sind auch die Bilanzen der übernehmenden Körperschaft entsprechend zu ändern.

 

Rz. 7

Auf Grund der Wertverknüpfung kann die Verschmelzung, obwohl sie den Charakter eines tauschähnlichen Vorgangs hat und handelsrechtlich als Anschaffungsvorgang mit Anschaffungskosten behandelt werden kann (vgl. § 24 UmwG; Rz. 11), in ihren steuerlichen Auswirkungen nicht als Anschaffungsvorgang angesehen werden. Es handelt sich vielmehr um einen Vermögensübergang eigener Art auf Grund der Gesamtrechtsnachfolge (vgl. § 11 Rz. 10), nicht um eine Anschaffung (zu Folgerungen hieraus vgl. Rz. 48).

 

Rz. 8

Eine besondere Dimension erhält die Wertverknüpfung in den Fällen, in denen die übertragende Körperschaft in der Übertragungsbilanz die Buchwerte angesetzt hat, um den Verschmelzungsvorgang steuerneutral zu gestalten. Nach § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 hängt der Ansatz der Buchwerte in der Übertragungsbilanz der übertragenden Körperschaft davon ab, dass die Besteuerung der übergegangenen stillen Reserven bei der übernehmenden Körperschaft gesichert ist. Das ist nur der Fall, wenn bei einer Veräußerung der übernommenen Wirtschaftsgüter bei der übernehmenden Körperschaft durch die Aufdeckung der übergegangenen stillen Reserven ein Gewinn entsteht, der nach den steuerlichen Vorschriften erfasst werden kann, also der Besteuerung unterliegt, wenn das Gesetz keine Steuerfreistellung (wie in § 8b Abs. 2 KStG) enthält. Dies wird durch das Prinzip der Wertverknüpfung sichergestellt. Die übernehmende Körperschaft muss die übertragenen Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert laut Übertragungsbilanz der übertragenden Körperschaft übernehmen (zu der damit zusammenhängenden Frage, ob eine steuerbefreite Körperschaft übernehmender Rechtsträger sein kann, vgl. § 11 Rz. 30).

 

Rz. 9

Eine logische Konsequenz der Buchwertverknüpfung ist die Regelung des Abs. 3, wonach die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragen...

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