Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 27
Die steuerliche Übertragungsbilanz der formwechselnden Kapitalgesellschaft und die steuerliche Eröffnungsbilanz der neuen Personengesellschaft sind nach § 14 Satz 2 UmwStG grundsätzlich auf den Zeitpunkt aufzustellen, zu dem der Formwechsel sich vollzieht. Der Wechsel der Rechtsform vollzieht sich nach § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG im Zeitpunkt der Eintragung der neuen Rechtsform in das Handelsregister.
Rz. 28
Handelsrechtlich ist eine Rückbeziehung des Umwandlungsstichtages umhöchstens acht Monate vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das Handelsregister in den §§ 190ff. UmwG — anders als für die Verschmelzung nach § 17 Abs. 2 Satz 3 UmwG — nicht vorgesehen. Es ist handelsrechtlich weder eine Umwandlungsbilanz zu erstellen noch ein Umwandlungsstichtag festzulegen. Der Grund liegt in der fortbestehenden Identität des formwechselnden Rechtsträgers nach § 190 Abs. 1 UmwG.
Rz. 29
Da das Steuerrecht hingegen eine Vermögensübertragung von der formwechselnden Kapitalgesellschaft auf die neue Personengesellschaft fingiert, können nach § 14 Satz 3 UmwStG die steuerlichen Bilanzen abweichend von dem in Rz. 27 angeführten Zeitpunkt auch auf einen Umwandlungsstichtag aufgestellt werden, der höchstens acht Monate vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das Handelsregister liegt. Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit dem auch für den Formwechsel geltenden § 2 UmwStG zu verstehen, der den an der Umwandlung Beteiligten ein Wahlrecht einräumt, den steuerlichen Übertragungsstichtag zurückzubeziehen.
Rz. 30
Eine Wahl des Zeitpunktes des Wirksamwerdens des Formwechsels mit der Eintragung in das Handelsregister nach § 202 UmwG auch als steuerlichen Umwandlungsstichtag i.S. von § 14 Satz 2 UmwStG wird im Allgemeinen nicht sinnvoll sein, wenn auf diesen Zeitpunkt nicht auch handelsrechtlich eine Jahresbilanz aufzustellen ist. Durch die Wahl der Rückbeziehung lassen sich im Allgemeinen der steuerliche Umwandlungsstichtag und damit der Zeitpunkt für die Aufstellung der steuerlichen Übertragungs- und der steuerlichen Eröffnungsbilanz mit dem Stichtag der handelsrechtlichen Jahresbilanz in Deckung bringen, um die Aufstellung zusätzlicher Bilanzen zu vermeiden. Aufgrund der Möglichkeit der Rückbeziehung lässt sich auch noch nach der Durchführung des handelsrechtlichen Formwechsels entscheiden, welches steuerlich der günstigste Zeitpunkt für die Festlegung des steuerlichen Umwandlungsstichtages ist.
Rz. 31
Die Wahl des steuerlichen Umwandlungsstichtags ergibt sich aufgrund des Zeitpunktes, für den die formwechselnde Kapitalgesellschaft ihre steuerliche Übertragungsbilanz und die neue Personengesellschaft ihre steuerliche Eröffnungsbilanz aufstellen. Eines entsprechenden Antrages beim Finanzamt bedarf es nicht. Dies folgt aus § 2 UmwStG (vgl. § 2 UmwStG Rz. 2ff.; Widmann/Mayer, § 2 UmwStG Rz. 7). Maßgeblich für den steuerlichen Umwandlungszeitpunkt ist das Ende desjenigen Tages, auf den die Übertragungs- und die Eröffnungsbilanz aufgestellt worden sind. Dies ergibt sich aus der Formulierung von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG "mit Ablauf des Stichtags der Bilanz". Eine abweichende Bestimmung des Umwandlungszeitpunktes durch die Beteiligten etwa im Umwandlungsbeschluss ist steuerlich unbeachtlich (vgl. BFH v. 22.9.1999, a.a. O.).
Rz. 32
Das Einkommen und das Vermögen der formwechselnden Kapitalgesellschaft und der neuen Personengesellschaft sind nach dem beim Formwechsel entsprechend anzuwendenden § 2 UmwStG so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Kapitalgesellschaft mit Ablauf des Stichtags der Übertragungs- und der Eröffnungsbilanz, also des Umwandlungsstichtags auf die Personengesellschaft übergegangen wäre. Das Gleiche gilt für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer. Mit Ablauf des Stichtags endet die Körperschaftsteuerpflicht der formwechselnden Kapitalgesellschaft. Von diesem Zeitpunkt an gelten die Handlungen der formwechselnden Kapitalgesellschaft als für Rechnung der Personengesellschaft vorgenommen. Die Geschäftsvorfälle im Rückwirkungszeitraum werden steuerlich der Personengesellschaft zugerechnet. Von der Rückbeziehung werden auch Vergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfasst. Mit Ablauf des Umwandlungsstichtags sind an Gesellschafter gezahlte Gehälter sowie Miet- und Darlehenszinsen Tätigkeits- bzw. Nutzungsvergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dementsprechend werden nunmehr der Gesellschaft zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgüter zum Sonderbetriebsvermögen der überlassenden Gesellschafter gerechnet. Gewinnausschüttungen der zivilrechtlich noch bestehenden formwechselnden Kapitalgesellschaft innerhalb des Rückwirkungszeitraums sind steuerrechtlich aufgrund der Rückwirkungsfiktion des § 2 Abs. 1 UmwStG so zu behandeln, als habe sie bereits die Personengesellschaft vorgenommen, mit der Folge, dass sie bereits als Entnahmen anzusehen sind.