Rz. 44

Die Steuerfreiheit der Spaltung ist nach Abs. 3 S. 3 weiterhin ausgeschlossen, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden. S. 3 enthält eine Rechtsfolgeverweisung auf S. 2. Das bedeutet, daß der Tatbestand des S. 3, 4 selbständig auszulegen ist; die Tatbestandsvoraussetzungen des S. 2 sind also nicht heranzuziehen. Verwiesen wird nur auf die Rechtsfolgen des S. 2 (Ausschluß der Steuerneutralität).

 

Rz. 45

Fraglich ist, ob bei dem Tatbestand des S. 3, 4 nur eine Veräußerung an "außenstehende Personen" schadet oder auch die Veräußerung an andere Gesellschafter. Im Unterschied zu dem Tatbestand des Abs. 3 S. 2 enthält S. 3, 4 keine entsprechende Einschränkung. Da es sich um eine Rechtsfolgenverweisung handelt, kann das Tatbestandsmerkmal der "außenstehenden Personen" auch nicht aus S. 2 in den Tatbestand des S. 3 hineingezogen werden. Bei S. 3 schadet daher auch die Veräußerung an Mitgesellschafter[1].

 

Rz. 46

Der Begriff der "Veräußerung" ist derselbe wie in Abs. 3 S. 2 (vgl. Rz. 39). Es ist ohne Bedeutung, ob die Veräußerung freiwillig, unter wirtschaftlichem oder rechtlichem Zwang erfolgt. Auch eine Veräußerung durch den Insolvenzverwalter oder durch einen Pfandgläubiger schadet also. An sich kann eine Veräußerung durch rechtlichen Zwang nicht durch eine Spaltung vorbereitet sein; die unwiderlegbare Vermutung des Abs. 3 S. 4 greift aber auch insoweit ein; es ist gerade Folge einer unwiderlegbaren Vermutung, auch solche Fälle zu erfassen, die bei einer Einzelprüfung nicht unter den Tatbestand fielen.

 

Rz. 47

Die Vorschrift erfordert weiter, daß durch die Spaltung die "Voraussetzungen" für eine Veräußerung geschaffen werden. Dieses Tatbestandsmerkmal ist in sich nicht praktikabel. Die Anteile waren vor der Spaltung veräußerbar, sie sind es auch nach der Spaltung. Die Spaltung kann also im strengen Sinne nie die Voraussetzungen für eine Veräußerung schaffen. Ob durch die Spaltung eine Veräußerung erleichtert oder erschwert wird, ist nach objektiven Kriterien kaum zu entscheiden. Nähme man dieses Tatbestandsmerkmal ernst, müßte auch dann besteuert werden, wenn objektiv die Voraussetzungen einer Veräußerung geschaffen werden, die Beteiligten aber keine Veräußerung gewollt haben und auch keine Veräußerung vornehmen.

Der Sinn der Vorschrift ist, daß die Spaltung nicht steuerneutral sein soll, wenn sie der Vorbereitung einer Veräußerung dient. Dies ist objektiv kaum nachprüfbar; Abs. 3 S. 3 stellt daher nur einen Grundsatz auf, der isoliert nicht subsumierbar und daher praktisch nicht anwendbar ist. Die Bedeutung des S. 3 besteht darin, daß er die (dogmatische) Grundlage für die Vermutung des S. 4 bildet.

 

Rz. 48

Nach Abs. 3 S. 4 wird unwiderlegbar vermutet, daß durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen worden sind, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag (§ 2 Rz. 2) mehr als 20 % der Anteile veräußert werden. Schädlich ist dabei die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die an der Spaltung beteiligt war. Das sind bei der Aufspaltung und der Abspaltung die übernehmende(n) Körperschaft(en) sowie bei der Abspaltung zusätzlich die übertragende Körperschaft. Auch die Veräußerung von Anteilen an der übertragenden Körperschaft — und damit wirtschaftlich des bei der übertragenden Körperschaft zurückbleibenden Vermögens, das ja nicht steuerneutral übertragen worden ist — schadet. Der Grund für diese Regelung besteht darin, daß es bei wirtschaftlicher Betrachtung gleichbedeutend ist, ob das zu veräußernde Vermögen abgespalten und die übernehmende Körperschaft verkauft wird (das nicht zu veräußernde Vermögen also bei der übertragenden Körperschaft verbleibt) oder ob das zu veräußernde Vermögen bei der übertragenden Körperschaft verbleibt und diese dann veräußert wird, während das nicht zu veräußernde Vermögen auf die übernehmende Körperschaft abgespalten wird. Die Vorschrift, die die Veräußerung von Anteilen an "allen" an der Spaltung beteiligten Gesellschaften erfaßt, ist daher sinnvoll[2].

"Veräußerung" ist die entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums. Unentgeltliche Vorgänge, etwa im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge, schaden nicht. Bei mehreren Veräußerungen sind alle Veräußerungen innerhalb des 5-Jahres-Zeitraums zusammenzurechnen[3]. Andererseits sind nur Veräußerungen von Anteilen an derselben Körperschaft zusammenzurechnen, nicht etwa Veräußerungen derselben Person von Anteilen an zwei aufnehmenden Gesellschaften, die jede für sich unter der maßgebenden Grenze liegen[4].

 

Rz. 49

Die Grenze von mehr als 20% bezieht sich auf die Anteile der übertragenden Körperschaft vor der Spaltung; es ist also zu ermitteln, welchem Anteil an der übertragenden Körperschaft die veräußerten Anteile entsprechen.

Maßgebender Zeitpunkt ist dabei der des Wirksamwerdens der Spaltung; bei der Aufspaltung fällt die übertragende Körperschaft in diesem Zeitpunkt fort, so daß auf einen späteren Zeitpunkt nicht abg...

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