Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 173
Der Zeitpunkt der Einbringung ist von vielfältiger steuerrechtlicher Bedeutung. Sobald die Sacheinlage vollzogen ist, d. h. das zivilrechtliche, zumindest aber das wirtschaftliche Eigentum an dem eingebrachten Betriebsvermögen auf den aufnehmenden Rechtsträger übergegangen ist, unterliegt der eingebrachte Betrieb der Besteuerung bei dem übernehmenden Rechtsträger.
Von diesem Zeitpunkt ist auf den Gewinn des eingebrachten Betriebs Körperschaftsteuer zu erheben. Die aufnehmende Kapitalgesellschaft hat die Sacheinlage auf den Zeitpunkt der Einbringung nach Maßgabe des Bewertungswahlrechts nach § 20 Abs. 2 UmwStG (Rz. 86ff.) zu bewerten. Vom Zeitpunkt der Einbringung an können schuldrechtliche Verträge wie Arbeits-, Miet- oder Darlehensverträge zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschaftern unter Beachtung der für ihre steuerrechtliche Anerkennung entwickelten Voraussetzungen abgeschlossen werden. Auf sie ist § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht mehr anwendbar (vgl. Rz. 185). Vom Zeitpunkt der Einbringung an kann es zu verdeckten Gewinnausschüttungen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft kommen (vgl. Rz. 192).
Rz. 174
Der steuerliche Übertragungsstichtag ist der Zeitpunkt, auf den der Einbringende für das einzubringende Betriebsvermögen nach dem Einbringungsvertrag die Schlußbilanz und die aufnehmende Kapitalgesellschaft die Aufnahmebilanz erstellt. Die Parteien des Einbringungsvertrages können den Übertragungsstichtag grundsätzlich frei wählen. Er darf nur nicht bei der Anmeldung zum Handelsregister mehr als acht Monate zurückliegen (§ 20 Abs. 8 Satz 1 UmwStG). Als Übertragungsstichtag wid im allgemeinen der Tag des Jahresabschlusses des einbringenden Einzelhandelskaufmanns oder der einbringenden Personengesellschaft gewählt. Zugleich pflegt im Einbringungsvertrag bestimmt zu werden, daß vom Übertragungsstichtag an der eingebrachte Betrieb für Rechnung der aufnehmenden Kapitalgesellschaft geführt wird. Die Vertragsparteien können eine entsprechende Ermittlung des Einkommens und Vermögens nach § 20 Abs. 7 UmwStG beantragen.
Rz. 175
§ 20 Abs. 8 UmwStG räumt den Parteien des Einbringungsvertrages einen achtmonatigen Gestaltungsspielraum bei der Festlegung des steuerlichen Übertragungsstichtages ein. Die Vorschrift knüpft an den Achtmonatszeitraum bei der Verschmelzung in § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG an. Im Falle einer Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtags müssen die Voraussetzungen des Teilbetriebs oder einer mehrheitsvermittelnden Beteiligung i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nicht bereits am zurückbezogenen steuerlichen Übertragungsstichtag vorgelegen haben. Es reicht, daß sie im Zeitpunkt des Beschlusses über die Spaltung oder des Abschlusses des Einbringungsvertrages erfüllt sind.
Rz. 176
Eine Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtags setzt vornehmlich zivilrechtlich voraus, daß der Einbringende und die aufnehmende Kapitalgesellschaft sich vereinbarungsgemäß so stellen, als ob das Betriebsvermögen und die Einkunftserzielung bereits zum zurückbezogenen steuerlichen Übertragungsstichtag übergegangen wären. Denn der aufnehmenden Kapitalgesellschaft kann nur Betriebsvermögen ertragsteuerlich zugerechnet werden, über das sie schon handelsrechtlich verfügen kann.
Rz. 177
Eine Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtages bis zu acht Monaten bedarf steuerrechtlich nach § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG eines Antrages. Nach Auffassung der Verwaltung ist der Antrag von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zu stellen.