Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 43
Das Recht des Anteilsinhabers nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG, eine Versteuerung der in den einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven schon vor einer Veräußerung zu beantragen, ergänzt das Wahlrecht der übernehmenden Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 2 UmwStG, das eingebrachte Betriebsvermögen zum Buchwert oder einem Zwischenwert bis zur Höhe des Teilwerts anzusetzen (vgl. § 20 UmwStG Rz. 86). Der Antrag ist vergleichbar mit der Entnahme eines Wirtschaftsgutes aus einem Betriebsvermögen, die ebenfalls zu einer gewillkürten Aufdeckung stiller Reserven führt.
Rz. 44
Der Antrag nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG kann jederzeit gestellt werden. Seine Wirkung kann nur nicht auf einen früheren Zeitpunkt zurückbezogen werden. Ein einmal gestellter Antrag kann nicht wieder zurückgenommen werden. Ein Anteilsinhaber kann seinen Antrag auf einen Teil der von ihm gehaltenen einbringungsgeborenen Anteile beschränken . Der Antrag ist an das Wohnsitzfinanzamt des Anteilsinhabers zu richten.
Rz. 45
Ein Antrag nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG kann sich aus verschiedenen Gründen schon vor einer Veräußerung empfehlen: Der Hauptgrund dürfte sein, dass der Antragsteller damit eine Steuerpflicht künftig noch zu erwartender stiller Reserven vermeiden will, die er infolge Unterschreitens der 1 %-Grenze nicht ohnehin später im Veräußerungsfall nach § 17 EStG zu versteuern hätte. Eine Steuerverstrickung einer Beteiligung nach § 17 EStG bleibt für den Fall einer späteren Veräußerung bestehen. Einen weiteren Grund für einen vorzeitigen Antrag kann ein Wertverlust bilden, den ein Anteilsinhaber mit seinen einbringungsgeborenen Anteilen erlitten hat und den er mit positiven Einkünften ausgleichen möchte. Gewerbliche Einkünfte i. S. von § 21 UmwStG sind nicht nur realisierte Vermögenszuwächse, sondern auch verwirklichte Vermögensverluste einbringungsgeborener Anteile. Verluste, die innerhalb der Sperrfrist des § 3 Nr. 40 Sätze 3 und 4 EStG und § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG realisiert werden, sind nach allerdings umstrittener Auffassung voll in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen; bei Kapitalgesellschaften findet hierauf § 8b Abs. 3 KStG keine Anwendung. Die Verwaltung soll dem jedoch bei § 8b Abs. 3 KStG nicht folgen.
Rz. 46
Schließlich bringt ein Antrag nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG auch den Vorteil, die Einkommen- oder Körperschaftsteuer nach § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG in jährlichen Teilbeträgen von mindestens einem Fünftel zahlen zu dürfen, ohne dass Stundungszinsen erhoben werden. Ein solcher Steuervorteil wird bei einer Gewinnrealisierung durch Veräußerung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG nicht gewährt. Die Stundung endet jedoch nach § 21 Abs. 2 Satz 5 UmwStG mit dem Zeitpunkt der nachfolgenden Veräußerung.
Rz. 46a
Der Antrag nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG gilt nach § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 1999 als eine Anschaffung bei privaten Veräußerungsgeschäften. Eine Veräußerung der Anteile nach Antragstellung innerhalb der Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG führt somit zu einem Spekulationsgeschäft.