Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 62
§ 21 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 UmwStG betrifft die Fälle der Herabsetzung des Nennkapitals nach § 222 AktG, § 58 GmbHG, in denen Grund- oder Stammkapital an die Gesellschafter zurückgezahlt wird. Hingegen kommt die Vorschrift nicht bei einer bloßen nominellen Kapitalherabsetzung zum Ausgleich einer Unterbilanz zum Zuge, da hier kein Gesellschaftsvermögen ausgekehrt wird.
Rz. 63
Keine Kapitalherabsetzung ist in einer Rückzahlung eines kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens zu erblicken. Beispielsweise verzichtet ein Gesellschafter zunächst auf die Rückzahlung seines Gesellschafterdarlehens zur Abwendung der Insolvenz der Gesellschaft. Der Verzicht ist mit der auflösenden Bedingung verbunden, dass der Gesellschafter bei einer späteren Verbesserung der Verhältnisse der Gesellschaft wieder mit anderen Gläubigern gleichbehandelt werden soll. Das Darlehen wird während der Krise der Gesellschaft bilanzrechtlich wie eine Einlage behandelt. Bei Eintritt der auflösenden Bedingung wandelt sich das Darlehen von Eigen- in Fremdkapital um.
Rz. 64
Eine Kapitalherabsetzung wurde in § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG 1977 einer Veräußerung nur gleichgestellt, „soweit die Rückzahlung nicht als Gewinnanteil gilt”. Die Vorschrift ist durch das Jahressteuergesetz 1997 v. 20.12.1996 dahin neu gefasst worden, dass es stattdessen heißt: ..., soweit die Bezüge nicht die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG erfüllen”. Eine Rechtsänderung ist durch die Neufassung nicht eingetreten. Denn schon bisher wurde zwischen der Kapitalrückzahlung aus dem EK 04 und Kapitalerträgen unterschieden. An die Stelle des EK 04 ist aufgrund des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes v. 20.12.2001 das steuerliche Einlagekonto i. S. von § 27 KStG getreten. Es gelten hier die gleichen Grundsätze wie bei der Kapitalherabsetzung nach § 17 Abs. 4 EStG.
Rz. 65
Eine Kapitalherabsetzung kann zu einer Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagenkonto i. S. von § 27 KStG und damit zu Kapitalerträgen nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG führen, soweit das Nennkapital auf einer vorangegangenen Kapitalerhöhung durch Umwandlung von Rücklagen in Nennkapital beruht und seine Rückzahlung nach § 28 Abs. 2 KStG als Gewinnausschüttung gilt.
Rz. 66
Ist der Rückzahlungsbetrag um etwaige, vorstehend behandelte Gewinnausschüttungen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG gekürzt worden, so stellt der verbleibende Betrag einen Veräußerungserlös nach § 21 Abs. 2 UmwStG dar. Nach Abzug der Anschaffungskosten vom Veräußerungserlös ergibt sich ein Veräußerungsgewinn oder -verlust i. S. von § 21 Abs. 1 UmwStG.
Rz. 67
Übersteigt der Veräußerungserlös die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile, so ergibt sich ein Veräußerungsgewinn, der nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 UmwStG besteuert wird. Übersteigt er nicht die Anschaffungskosten, so mindert er lediglich die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile. Gewinnausschüttungen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG können hingegen die Anschaffungskosten nicht mindern. Denn sie gehören nicht zum Veräußerungserlös, sie sind vielmehr Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Rz. 68
Gehören die einbringungsgeborenen Anteile zu einem Betriebsvermögen, so ist dem Rückzahlungsbetrag ./. Gewinnausschüttungen = Veräußerungserlös der Buchwert der Anteile gegenüberzustellen. Dabei ergibt sich ein Veräußerungsgewinn, wenn der Veräußerungserlös den Buchwert übersteigt. Anderenfalls mindert sich lediglich der Buchwert.
Rz. 68a
Beispiel (vgl. hierzu Widmann/Mayer, § 21 UmwStG, Rdn. 267):
Kaufmann K hält einbringungsgeborene Anteile in seinem Betriebsvermögen, deren Anschaffungskosten und Einlagewert 200.000 EUR betragen haben. Er hat sie während der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen auf den niedrigeren Teilwert von 100.000 EUR abgeschrieben. Sodann kommt es zu einer Kapitalherabsetzung. Der Rückzahlungsbetrag, in dem keine Gewinnausschüttung enthalten ist, beträgt 50.000 EUR. Später gelingt es K, die Anteile für 200.000 EUR zu verkaufen.
Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns von K ist dem Veräußerungserlös von 200.000 EUR der Buchwert von 200.000 EUR ./. Teilwertabschreibung von 100.000 EUR ./. Kapitalrückzahlung von 50.000 EUR = 50.000 EUR gegenüberzustellen. Der Veräußerungsgewinn von K beträgt somit 150.000 EUR. Davon ist die Differenz zwischen dem Veräußerungserlös von 200.000 EUR und den um die Kapitalherabsetzung von 50.000 EUR verminderten Anschaffungskosten von 200.000 EUR ./. 50.000 EUR = 50.000 EUR steuerbegünstigt und gewerbesteuerfrei nach § 21 Abs. 1 i. V. m. § 34 EStG. Der übrige Anteil des Veräußerungsgewinns von 100.000 EUR wird tarifbesteuert und unterliegt der Gewerbesteuer.
Rz. 68b
Eine Kapitalherabsetzung, die lediglich dazu dient, einen Verlust auszugleichen, erfüllt nicht den Tatbestand des § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG. Denn es fehlt an einer Rückzahlung von Kapital. Infolgedessen kann sich hieraus kein Veräußerungsverlust ergeben.
Rz. 68c
Einer Kapitalherabsetzung wirtschaftlich und steuerrechtlich gl...