Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 37
Der Begriff des Teilwerts ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Der Teilwert bildet die Obergrenze für den Ansatz des Wertes der übertragenen Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft (vgl. § 3 Satz 4). Dabei kann der Teilwert auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten überschreiten. Denn die Möglichkeit einer Bewertung mit dem Teilwert fußt auf der Vorstellung von der Umwandlung als tauschähnlichem Rechtsvorgang (vgl. § 2 UmwG; Rz. 1).
Rz. 38
Ein Ansatz der Teilwerte muss nach Auffassung der Verwaltung daran scheitern, dass nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit nur die in der Handelsbilanz zulässigen Werte in der steuerlichen Schlussbilanz angesetzt werden können, handelsrechtlich aber in § 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG bei dem übertragenden Rechtsträger keine Wertaufstockung vorgesehen ist. Die Praxis löst dieses Problem, indem anstelle einer Wertaufstockung nach § 3 UmwStG eine Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter durch die Übertragerin an die Übernehmerin gewählt wird (vgl. Rz. 25).
Rz. 39
Eine Bewertung mit dem Teilwert ist grundsätzlich nachteilig. Die Realisierung der stillen Reserven in dem übertragenen Betriebsvermögen lässt einen Übertragungsgewinn entstehen, der der Körperschaft- und Gewerbesteuer unterliegt. Auch ohne eine Aufstockung der Buchwerte durch die Übertragerin kann die Übernehmerin zum Ausgleich eines Übernahmeverlusts die Wertansätze nach § 4 Abs. 6 UmwStG (i. d. F. bis 31.12.2000) aufstocken, um hierdurch neues AfA-Volumen zu schaffen (vgl. § 4 Rz. 39ff.). Auch wenn der Buchwert des übertragenen Betriebsvermögens negativ ist, ist dieser Negativbetrag jedenfalls auf der Ebene der Übernehmerin nach § 4 Abs. 5 UmwStG (i. d. F. bis 31.12.2000) auszugleichen. Die Regelung entfällt aufgrund des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000.
Rz. 40
Eine Aufstockung der Buchwerte bis zur Höhe der Teilwerte empfiehlt sich jedoch, wenn die übertragende Körperschaft einen verbleibenden Verlustabzug nach § 10d EStG, einen Fehlbetrag nach § 10a GewStG oder einen verrechenbaren Verlust nach § 15a EStG besitzt. Ein verrechenbarer Verlust i.S. von § 15a EStG kann sich bei einer Kapitalgesellschaft ergeben, wenn diese als Kommanditistin an einer KG beteiligt ist. Diese Verluste gehen infolge des Rechtssubjektwechsels nicht auf die Übernehmerin über. Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG. Bei einer Aufstockung der Teilwerte ist jedoch zugleich zu bedenken, dass sich hierdurch auf Seiten der Übernehmerin ein Übernahmegewinn nach § 4 Abs. 4 UmwStG ergeben kann, indem der Wert der übergegangenen Wirtschaftsgüter den Buchwert der Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft übersteigt. Ein solcher Übernahmegewinn unterliegt der Einkommensteuer; er ist lediglich von der Gewerbesteuer nach § 18 Abs. 2 UmwStG befreit.
Rz. 41
Mit dem Ansatz der Teilwerte werden jedoch nach Auffassung der Verwaltung nicht sämtliche stillen Reserven in dem übertragenen Betriebsvermögen aufgedeckt. Das Wahlrecht soll nicht für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter gelten. Der Standpunkt der Verwaltung lässt sich damit begründen, dass das Wahlrecht nach § 3 UmwStG nur für die "Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz" gilt, selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter aber dabei nach § 5 Abs. 2 EStG nicht angesetzt werden dürfen. Gegen die Verwaltungsauffassung spricht, dass ein Ansatz der Teilwerte der rechtlichen Beurteilung der Umwandlung als einem tauschähnlichen Rechtsvorgang Rechnung trägt (vgl. Rz. 1). Im Übrigen lassen sich die Folgen der Verwaltungsauffassung dadurch vermeiden, dass die Übertragerin selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter an die Übernehmerin vorab verkauft (vgl. Rz. 25).