Rz. 1

§ 6 UmwStG regelt im Rahmen der §§ 3 bis 10 UmwStG, die die steuerliche Behandlung des Vermögensübergangs von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder auf eine natürliche Person im Wege der Verschmelzung (vgl. §§ 2 ff. UmwG) betreffen (zum Anwendungsbereich der §§ 3ff. UmwStG vgl. § 3 Rz. 5), das steuerliche Schicksal des Übernahmegewinns zweiter Stufe oder des Übernahmefolgegewinns mit dem Ziel, die sich aufgrund dessen ergebenden steuerlichen Nachteile zu mildern oder auszuschließen. Der Übernahmefolgegewinn ist vom Übernahmegewinn i. S. v. § 4 Abs. 4 UmwStG zu unterscheiden. Übernahmegewinn i. S. v. § 4 Abs. 4 UmwStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert, mit dem die Übernehmerin die Wertansätze der übergegangenen Wirtschaftsgüter aus der steuerlichen Schlussbilanz der Übertragerin nach § 4 Abs. 1 UmwStG fortzuführen hat, und dem Buchwert der untergehenden Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft.

Ein Übernahmefolgegewinn i. S. v. § 6 Abs. 1 UmwStG ist hingegen der Gewinn, der sich durch die Vereinigung und das dadurch bewirkte Erlöschen einer zwischen der Übertragerin und der Übernehmerin bestehenden Forderung und Schuld ergibt, die jede von ihnen mit einem unterschiedlichen Wert angesetzt hatte.

 

Rz. 2

Beispielsweise hatte die Übernehmerin ihre Forderung gegen die Übertragerin mit dem niedrigeren Teilwert bewertet oder eine Schuld zu hoch angesetzt. Außerdem kann sich ein Übernahmefolgegewinn aufgrund von Wertberichtigungen bei bestimmten, in § 6 Abs. 2 UmwStG aufgeführten Darlehen ergeben.

 
Praxis-Beispiel

Die übernehmende Personengesellschaft hatte der übertragenden Kapitalgesellschaft ein Darlehen von 50.000 EUR gegeben, das bei der Übernehmerin als Forderung abgezinst mit 45.000 EUR zu Buche steht (vgl. Rz. 48). In der steuerlichen Schlussbilanz der Übertragerin ist die Darlehensschuld mit dem Nennbetrag von 50.000 EUR angesetzt. Aufgrund des Vermögensübergangs entsteht bei der Übernehmerin ein Übernahmefolgegewinn von 5.000 EUR als Differenz zwischen der untergehenden Schuld von 50.000 EUR und der untergehenden Forderung, die mit 45.000 EUR ausgewiesen ist.

 

Rz. 3

Weiter kann sich ein Übernahmefolgegewinn durch die Gewinn erhöhende Auflösung einer Rückstellung ergeben, die die Übertragerin oder die Übernehmerin wegen einer drohenden Inanspruchnahme durch die jeweils andere Seite gebildet hatte. Schließlich kann eine Vereinigung von Forderung und Schuld auch zu einem Übernahmefolgeverlust führen, wenn die untergehende Forderung höher bewertet worden war als die entsprechende untergehende Schuld.

 

Rz. 4

Ein Übernahmefolgegewinn oder -verlust i. S. v. § 6 UmwStG unterscheidet sich von einem Übernahmegewinn oder -verlust i. S. v. § 4 Abs. 4 UmwStG dadurch, dass er erst eine logische Sekunde nach dem steuerlichen Übertragungszeitpunkt entsteht. Zunächst hat die übernehmende Personengesellschaft oder natürliche Person die Forderungen, Schulden oder Rückstellungen aus der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Kapitalgesellschaft mit den dort gewählten Wertansätzen nach § 4 Abs. 1 UmwStG zu übernehmen. Erst danach erlöschen die Forderung und die Schuld infolge der Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerschaft in der Person der Übernehmerin. Erst danach ist eine Rückstellung wegen Fortfalls einer drohenden Inanspruchnahme Gewinn erhöhend aufzulösen.

 

Rz. 5

Die erloschene Forderung und die untergegangene Schuld werden in der Weise ausgebucht, dass der Forderungsbetrag einem Aufwandskonto belastet und der Schuldbetrag auf einem Ertragskonto erfasst wird. Übersteigt die Schuld die Forderung, so ergibt sich ein Übernahmefolgegewinn als Unterschiedsbetrag zwischen dem auf dem Ertragskonto und dem auf dem Aufwandskonto gebuchten Betrag. Übersteigt die untergehende Forderung die Schuld, so führt dies zu einem Übernahmefolgeverlust.

 

Rz. 6

§ 6 UmwStG enthält Regelungen nur für Gewinnerhöhungen durch Vereinigung von Forderung und Schuld, nicht hingegen für einen dadurch eintretenden Verlust. Ein Übernahmefolgeverlust kann als laufender Verlust sofort abgezogen werden. Er bleibt nicht — wie ein Übernahmeverlust i. S. v. § 4 Abs. 4 UmwStG — nach § 4 Abs. 6 UmwStG außer Ansatz (vgl. § 4 Rz. 39 ff.).

 

Rz. 7

Als Rechtsfolge gibt § 6 UmwStG, der mit dem voraufgegangenen § 8 UmwStG 1977 wörtlich übereinstimmt, demjenigen, dem der Übernahmefolgegewinn zuzurechnen ist, das Wahlrecht, diesen entweder im Wirtschaftsjahr des Vermögensübergangs zu versteuern oder ihn in eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage einzustellen (vgl. § 6 Abs. 1 UmwStG), die in den folgenden drei Wirtschaftsjahren mit mindestens je einem Drittel Gewinn erhöhend ist (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 UmwStG).

 

Rz. 8

Diese Steuervergünstigung entfällt rückwirkend nach der Missbrauchsvorschrift des § 26 Abs. 1 UmwStG, wenn die Übernehmerin den auf sie übergegangenen Betrieb innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag in eine Kapitalgesellschaft einbringt oder ohne triftigen Grund veräußert oder aufgib...

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