Dr. Hans Joachim Herrmann
2.1 Die Tatbestände des § 6 Abs. 1 UmwStG
Rz. 9
§ 6 Abs. 1 UmwStG enthält zwei Tatbestände, die zur Entstehung eines Übernahmefolgegewinns oder eines Übernahmefolgeverlusts, auch wenn dieser in § 6 Abs. 1 UmwStG nicht erwähnt ist, führen können.
Rz. 10
Zwischen der übertragenden Kapitalgesellschaft und der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person hat eine Forderung oder Schuld bestanden, die bei beiden nicht in gleicher Höhe angesetzt gewesen ist. Mit dem Erlöschen infolge Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerschaft im Zuge des Vermögensübergangs ergibt sich bei der Übernehmerin ein außerordentlicher Ertrag oder Verlust. Da die beteiligten Rechtsträger als Gläubiger bzw. Schuldner schon vor der Umwandlung bestanden haben müssen, kommt eine Konfusion durch Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerschaft nur in Betracht bei der Verschmelzung durch Aufnahme (vgl. § 2 Abs. UmwG), der Aufspaltung durch Aufnahme (vgl. § 123 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) und der Abspaltung durch Aufnahme (vgl. § 123 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) von der übertragenden Körperschaft auf die übernehmende Personengesellschaft.
Rz. 11
Den zweiten Tatbestand des § 6 Abs. 1 UmwStG bildet die Auflösung einer Rückstellung, die die übernehmende Personengesellschaft in ihrer Bilanz im Hinblick auf eine drohende Inanspruchnahme durch die übernehmende Körperschaft gebildet hat, z. B. eine Garantierückstellung aufgrund einer Lieferung an die Übertragerin. Da nach dem Vermögensübergang ihre Inanspruchnahme nicht mehr in Betracht kommt, muss die Übernehmerin die Rückstellung mit der Folge eines entsprechenden Übernahmefolgegewinns Gewinn erhöhend auflösen.
Rz. 12
Oder die übertragende Körperschaft hat in ihrer steuerlichen Schlussbilanz eine Rückstellung wegen einer drohenden Inanspruchnahme durch die übernehmende Personengesellschaft ausgewiesen. Die Übernehmerin hat diesen Bilanzansatz nach § 4 Abs. 1 UmwStG zu übernehmen und sodann — eine logische Sekunde nach dem steuerlichen Übertragungszeitpunkt — die Rückstellung Gewinn erhöhend aufzulösen, da eine Inanspruchnahme durch sich selbst nicht in Betracht kommt.
2.2 Die untergehende Schuld oder die aufzulösende Rückstellung belastet das Betriebsvermögen der Übernehmerin
Rz. 13
War die übernehmende Personengesellschaft oder natürliche Person die Schuldnerin der übertragenden Kapitalgesellschaft, so übernimmt sie deren Forderung nach § 4 Abs. 1 UmwStG mit dem Wertansatz, mit dem sie sich in der steuerlichen Schlussbilanz der Übertragerin befunden hat. Durch das Erlöschen von Forderung und Schuld entsteht ein Übernahmefolgegewinn i. S. v. § 6 Abs. 1 UmwStG, wenn die Schuld der Übernehmerin höher bewertet wurde, und ein Übernahmefolgeverlust, wenn die Schuld der Übernehmerin niedriger bewertet wurde als die Forderung der Übertragerin. Ein Übernahmefolgegewinn entsteht auch dann, wenn die Übernehmerin bisher eine Rückstellung wegen einer möglichen Inanspruchnahme durch die Übertragerin gebildet hat. Der Gewinn der Übernehmerin erhöht sich infolge der Auflösung ihrer Rückstellung.
2.3 Die untergehende Schuld gehört zum Privatvermögen des übernehmenden Einzelunternehmers
Rz. 14
Gehört die untergehende Schuld zum Privatvermögen des übernehmenden Einzelunternehmers, so steht dies dem Untergang von Schuld und Forderung durch deren Vereinigung in der Hand des Übernehmers nicht entgegen. Steuerrechtlich muss die übergehende Forderung der Übertragerin nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag als entnommen gelten. Die Entnahme der Forderung ist eine Folge ihrer Vereinigung mit der privaten Schuld. Eine Entnahme der Forderung zum Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG führt zu keinem Gewinn, wenn die Forderung in der steuerlichen Schlussbilanz der Übertragerin mit dem Nennwert angesetzt war. Anders ist es, wenn der Wertansatz unter dem Nennbetrag gelegen hat. Ein dadurch sich ergebender Entnahmegewinn muss nach dem Wortlaut von § 6 Abs. 1 UmwStG als Übernahmefolgegewinn i.S. dieser Vorschrift angesehen werden. Denn auch dies ist ein Gewinn, der durch das Erlöschen von Forderung und Schuld veranlasst ist.
2.4 Die untergehende Schuld oder die aufzulösende Rückstellung belastet die übertragende Körperschaft
Rz. 15
Eine in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft ausgewiesene Schuld oder Rückstellung führt die übernehmende Personengesellschaft oder natürliche Person gemäß § 4 Abs. 1 UmwStG mit dem Wertansatz fort, mit dem sie in der steuerlichen Schlussbilanz der Übertragerin zu Buche gestanden hat. Hat die mit der Schuld der Übertragerin korrespondierende Forderung der Übernehmerin zu deren Betriebsvermögen gehört, so entsteht bei der Übernehmerin durch die Vereinigung von Forderung und Schuld ein Übernahmefolgegewinn i. S. v. § 6 Abs. 1 UmwStG, wenn die Schuld der Übertragerin höher als die Forderung der Übernehmerin bewertet wurde, und ein Übernahmefolgeverlust, wenn die Schuld niedriger angesetzt wurde als die Forderung. Ein Übernahmefolgegewinn i. S. v. § 6 Abs. 1 UmwStG entsteht auch dann, wenn die Übertragerin bisher eine Rückstellung wegen einer drohenden Inanspruchnahme durch die Übernehmerin gebildet hatte. Der Gewinn der Übernehmerin erhöht sich infolge der Auflösung der Rückstellung.
Rz. 16
Problematisch ist die ...