Rz. 33

Es gilt vorweg, zunächst einmal den Tatbestand des § 6 Abs. 1 UmwStG von dem des § 6 Abs. 3 UmwStG zu unterscheiden: Geht das Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft im Wege der Verschmelzung auf eine Personengesellschaft über, so kann es zur Entstehung eines Übernahmefolgegewinns i. S. v. § 6 Abs. 1 UmwStG bei der übernehmenden Personengesellschaft kommen, soweit ein Schuldverhältnis zwischen der übertragenden Körperschaft und der übernehmenden Personengesellschaft bestanden hat und die wechselseitige Forderung bzw. Schuld zivilrechtlich durch Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerschaft erlischt. Hat das Schuldverhältnis jedoch zwischen der übertragenden Körperschaft und einem Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft bestanden, so erlischt das Schuldverhältnis nicht ­zivilrechtlich durch den Übergang der Forderung oder Schuld der übertragenden Körperschaft auf die Personengesellschaft. Das Schuldverhältnis besteht nunmehr zwischen der Personengesellschaft und ihrem Gesellschafter fort. Eine Forderung des Gesellschafters, die sich nunmehr gegen die Personengesellschaft richtet, hat sich nicht etwa in eine solche gegen sich selbst und eine solche gegen die übrige Gesellschaft aufgespalten[1].

 

Rz. 34

In der Steuerbilanz der übernehmenden Personengesellschaft und in der Sonderbilanz des Gesellschafters stehen sich — wie im Zivilrecht — Forderung und Verbindlichkeit gegenüber, ohne dass es zu einer Konfusion kommt. Erst in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft erhöht eine Forderung des Gesellschafters gegen seine Personengesellschaft das Gesamtkapitalkonto des Gläubiger-Mitunternehmers. Hier führt die Hingabe eines Gesellschafterdarlehens an die Gesellschaft zu einer Einlage und die Gewährung eines Gesellschaftsdarlehens an den Gesellschafter zu einer Entnahme[2]. Hierauf fußt der Standpunkt der Verwaltung[3]: "Ein Übernahmegewinn entsteht auch, wenn infolge der Umwandlung Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft einen Anspruch oder eine Verbindlichkeit gegenüber der Personengesellschaft haben (§ 6 Abs. 3 UmwStG)".

 

Rz. 35

Die vorstehende Auffassung der Verwaltung ist zu Recht als unzutreffend und § 6 Abs. 3 UmwStG als verfehlte Regelung kritisiert worden[4]. Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gesellschaft und Gesellschafter werden aufgrund von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu einer Erhöhung oder Verminderung des Gesamtkapitals konsolidiert, wenn sie wirtschaftlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Ausgenommen sind hiervon Forderungen und Verbindlichkeiten, die nur zufällig mit der Mitunternehmerschaft zusammentreffen[5]. Forderungen und Verbindlichkeiten, die vor der Verschmelzung zwischen einem Gesellschafter und der übertragenden Körperschaft begründet worden waren, sind denknotwendig nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Sie können daher nicht in die Konsolidierung einbezogen werden.

 

Rz. 36

Im Folgenden wird § 6 Abs. 3 UmwStG auf der Grundlage der Verwaltungsauffassung kommentiert. Die Vorschrift erklärt den Abs. 1 für entsprechend anwendbar auf einen durch die steuerrechtliche Vereinigung von Forderung und Schuld zwischen der übernehmenden Personengesellschaft und einem ihrer Gesellschafter bedingten Übernahmefolgegewinn, wenn der Gesellschafter im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister an der übernehmenden Personengesellschaft beteiligt ist. Das Gleiche gilt für einen Gewinn infolge der Auflösung einer Rückstellung, die ein Gesellschafter wegen einer möglichen Inanspruchnahme durch die übertragende Körperschaft gebildet hatte. Ein solcher Übernahmefolgegewinn i. S. v. § 6 Abs. 6 UmwStG ist dem Gesellschafter jeweils als Sondergewinn zuzurechnen. Er — und nicht etwa die Personengesellschaft — entscheidet darüber, ob er für diesen Sondergewinn eine Gewinn mindernde Rücklage i. S. v. § 6 Abs. 1 UmwStG bilden will oder nicht.

 
Praxis-Beispiel

Ein Gesellschafter einer OHG hält im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens eine Forderung gegenüber der auf die OHG übertragenden GmbH, die ursprünglich 5.000 EUR betrug, dann aber auf 4.000 EUR wertberichtigt wurde. Aufgrund des Vermögensübergangs von der GmbH auf die OHG stehen sich in der Bilanz der OHG die auf diese übergegangene Darlehensschuld von 5.000 EUR und die in das Sonderbetriebsvermögen I des Gesellschafters übergegangene Forderung von 4.000 EUR gegenüber, die nunmehr in der Gesamtbilanz als Einlage das Kapitalkonto des Gesellschafters erhöht.

Aufgrund der steuerrechtlichen Vereinigung von Forderung und Schuld ergibt sich bei dem Gesellschafter ein Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Buchwert von 4.000 EUR und dem von der Personengesellschaft übernommenen Wertansatz von 5.000 EUR, also von 1.000 EUR. Dieser Gewinn muss nach dem Wortlaut von § 6 Abs. 3 UmwStG als Übernahmefolgegewinn beurteilt werden.

 

Rz. 37

Hatte die übertragende Körperschaft in ihrer Schlussbilanz eine Rückstellung wegen einer drohenden Inanspruchnahme durch einen Gesellschafte...

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