Prof. Dr. Axel Mutscher, Elisabeth Wöhrle
2.2.1.4.1 Allgemeines
Rz. 37
Die erhaltenen Anteile sind die neuen Anteile, die dem Einbringenden im Zuge der Sacheinlage unter dem gemeinen Wert gewährt werden. Bis zum Ablauf der Sperrfrist bezeichnet man diese Anteile auch als (originär) sperrfristverstrickte Anteile.
Werden diese Anteile unentgeltlich auf einen anderen Rechtsträger i. S. d. § 22 Abs. 6 UmwStG übertragen, behalten sie ihren Status als sperrfristverstrickte Anteile.
Werden in den sperrfristverstrickten Anteilen ruhende stille Reserven auf andere Anteile verlagert, gelten nach § 22 Abs. 7 UmwStG auch diese anderen Anteile insoweit fortan als (derivativ) sperrfirstverstrickte ("mitverstrickte") Anteile.
2.2.1.4.2 Originär sperrfristverstrickte Anteile
Anteile des originär Einbringenden
Rz. 38
Die erhaltenen Anteile i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG sind grundsätzlich die neuen Anteile, die dem originär Einbringenden im Rahmen einer Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG unter dem gemeinen Wert gewährt werden.
Rz. 39
Die im Rahmen einer Sacheinlage unter dem gemeinen Wert erhaltenen Anteile behalten während der Sperrfrist ihren Status als sperrfristverstrickte Anteile, bis
- sie durch den Einbringenden oder seinen unentgeltlichen Rechtsnachfolger veräußert werden oder
- einer der in § 22 Abs. 1 S. 6 UmwStG ausdrücklich genannten Ersatztatbestände realisiert wird.
Rz. 40
Eine nur anteilige Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile oder eine nur anteilige Realisierung eines der Ersatztatbestände berührt nicht die Sperrfristverstrickung der übrigen Anteile.
Rz. 41
Wurden vor oder werden nach dem Erhalt der sperrfristverstrickten Anteile dem Einbringenden neben den sperrfristverstrickten Anteilen noch andere Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewährt, die auch nicht nach § 22 Abs. 7 UmwStG als mitverstrickt gelten, dann steht es dem Einbringenden im Falle einer anteiligen Anteilsveräußerung grundsätzlich frei, ob er zuvorderst die nicht-sperrfristverstrickten Anteile veräußert. Dies setzt allerdings eine nachvollziehbare Separierung der beiden verschiedenen Anteilskategorien voraus. Sofern keine Separierung vorgenommen wurde oder die Separierung nicht nachvollziehbar ist, ist bei jeder anteiligen Anteilsveräußerung entsprechend der jeweiligen Quoten von einer Veräußerung sowohl der sperrfristverstrickten als auch der nicht-sperrfristverstrickten Anteile auszugehen.
Anteile des unentgeltlichen Rechtsnachfolgers
Rz. 42
Eine unentgeltliche Rechtsnachfolge, also eine unentgeltliche Übertragung der sperrfristverstrickten Anteile auf einen anderen Rechtsträger, führt grundsätzlich nicht zum Wegfall des Status als sperrfristverstrickte Anteile, es sei denn, die Übertragung erfolgt auf eine Kapitalgesellschaft (oder Genossenschaft) und erfüllt damit die Voraussetzungen des Ersatztatbestands nach § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 UmwStG.
Rz. 43
Dies ergibt sich indirekt aus § 22 Abs. 6 UmwStG, der den unentgeltlichen Rechtsnachfolger als Einbringenden i. S. d. § 22 Abs. 1 UmwStG fingiert, ohne aber auch die übertragenen Anteile als (derivativ) sperrfristverstrickte Anteile zu fingieren. Würden die sperrfristverstrickten Anteile ihren originären Status nicht auch noch nach der unentgeltlichen Übertragung behalten, würde die (Missbrauchs-) Regelung des § 22 Abs. 6 UmwStG wirkungslos verpuffen.
Rz. 44
Eine unentgeltliche Rechtsfolge liegt u. a. vor, wenn erhaltene Anteile im Wege der Schenkung oder eines Erbgangs auf einen anderen Rechtsträger übertragen werden.
Rz. 45 einstweilen frei
Anteile des teilentgeltlichen Rechtsnachfolgers
Rz. 46
Im Fall einer teilentgeltlichen Übertragung ist der Übertragungsakt nach den allgemeinen Grundsätzen in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Übertragungsakt aufzuteilen. Wenn die sperrfristverstrickten Anteile isoliert aus dem Privat- oder Betriebsvermögen übertragen werden, ist die sogenannte Trennungstheorie anzuwenden.
Rz. 47 einstweilen frei
Rz. 48
Wenn sperrfristverstrickte Anteile im Rahmen einer (Teil-)Betriebs- oder Mitunternehmeranteilsübertragung übertragen werden, ist zumindest für die Anwendung des § 16 EStG die Einheitstheorie anzuwenden.
Rz. 49 einstweilen frei
Rz. 50
Die Anwendung der Einheitstheorie mag im Rahmen der Veräußerungsgewinnermittlung nach § 16 EStG ihre Rechtfertigung haben, führt hier jedoch zu zweifelsfrei unbilligen Zufallsergebnissen. Daher muss für Zwecke des § 22 UmwStG die Anwendung der Einheitstheorie abgelehnt werden. Dies erscheint auch dadurch gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber in § 22 UmwStG bewusst zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Übertragung differenziert und die Rechtsfolge nicht aufgrund eines einzigen Euro von einem voll unentgeltlichen Vorgang in einen voll entgeltlichen Vorgang umschlagen darf.
Der Umfang der weiterhin sperrfristverstrickten Anteile ist mithin auch bei der Übertragung von Unternehmensteilen nach der Trennungstheorie zu bestimmen.