2.2.2.1 Allgemeines
Rz. 130
Neben der Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile lösen auch die folgenden Ersatztatbestände eine nachträgliche Besteuerung des Einbringungsgewinns I aus, sofern die übrigen Voraussetzungen, wie z. B. die Realisierung innerhalb der Sieben-Jahresfrist, erfüllt sind.
2.2.2.2 Unentgeltliche Übertragung auf eine Kapitalgesellschaft (§ 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 UmwStG)
2.2.2.2.1 Unmittelbare Übertragung
Rz. 131
Nach § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 UmwStG wird der Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile die unmittelbare (oder mittelbare) unentgeltliche Übertragung auf eine Kapitalgesellschaft (oder Genossenschaft) gleichgestellt. Dabei wird der Anwendungsbereich weder sachlich auf bestimmte Übertragungsformen, noch persönlich auf bestimmte übertragende Rechtsträger eingeschränkt. Daher ist insbesondere unbeachtlich, ob die Übertragung im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge bzw. durch eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft erfolgt.
Rz. 132
Damit fallen insbesondere folgende Übertragungen von sperrfristverstrickten Anteilen in den Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 UmwStG:
- verdeckte Einlage aus dem Privat- oder einem Betriebsvermögen des Einbringenden in eine Kapitalgesellschaft, wobei Einbringender auch eine Personengesellschaft sein kann,
- verdeckte oder offene Sachdividende an eine Kapitalgesellschaft,
- Aufwärts-Verschmelzung oder -Spaltung von einer Personen- oder Kapitalgesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft.
- Übertragung im Wege der unentgeltlichen Realteilung oder der unentgeltlichen Entnahme von einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft.
Rz. 133 – 134 einstweilen frei
Rz. 135
Die Anwendungsvoraussetzungen sind nicht nur erfüllt, wenn die sperrfristverstrickten Anteile isoliert übertragen werden, sondern auch dann, wenn sie zusammen mit einem (Teil-)Betrieb oder Mitunternehmeranteil übertragen werden.
2.2.2.2.2 Mittelbare Übertragung
Rz. 136
Während der Veräußerungstatbestand i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 1 UmwStG nach seinem Wortlaut die mittelbare Veräußerung nicht erfasst, fällt die mittelbare unentgeltliche Übertragung ausdrücklich in den Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 UmwStG.
Rz. 137
Über die mittelbare Übertragung werden zum einen die Sachverhalte einbezogen, in denen die sperrfristverstrickten Anteile unentgeltlich auf eine Personengesellschaft übertragen werden, an der auch mindestens eine (andere) Kapitalgesellschaft beteiligt ist.
Rz. 138
Ebenfalls einbezogen wird der Fall, dass die sperrfristverstrickten Anteile zunächst unentgeltlich auf eine Personengesellschaft übertragen werden und der (originär) Einbringende anschließend seinen Mitunternehmeranteil unentgeltlich auf eine Kapitalgesellschaft überträgt. Allerdings kommt es dann nur insoweit zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I, als der Einbringende über die Personengesellschaft noch an den sperrfristverstrickten Anteilen beteiligt ist.
Rz. 139
In den Fällen, in denen eine Personengesellschaft als Ausgangsrechtsträger sperrfristverstrickte Anteile hält und immer (auch) die Gesellschafter der Personengesellschaft als (mittelbar) Einbringende gelten, ist die unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils durch den Gesellschafter entweder bereits vom Anwendungsbereich der unmittelbaren Übertragung oder aber zumindest vom Anwendungsbereich der mittelbaren Übertragung erfasst.
Rz. 140
Soweit der Gesellschafter der die sperrfristverstrickten Anteile haltenden Personengesellschaft dagegen nicht als (mittelbar) Einbringender gilt, fällt die unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils weder in den Anwendungsbereich der unmittelbaren noch in den der mittelbaren Übertragung.
Rz. 141
Überträgt der Einbringende die sperrfristverstrickten Anteile z. B. gem. § 21 UmwStG steuerneutral auf eine Kapitalgesellschaft und anschließend die neu erhaltenen Anteile unentgeltlich auf eine andere Kapitalgesellschaft, ist der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 5 UmwStG eröffnet. Gleiches gilt, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft die eingebrachten Anteile unentgeltlich auf eine andere Kapitalgesellschaft überträgt, wobei dieser Fall in den Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG fallen würde.
Kein Ersatztatbestand erfasst den Fall, dass eine Kapitalgesellschaft als Einbringender sperrfristverstrickte Anteile hält und die Anteile an der Kapitalgesellschaft unentgeltlich übertragen werden. Zwar werden die sperrfristverstrickten Anteile hier mittelbar übertragen, allerdings nicht mittelbar von dem Einbringenden.
Rz. 142
Damit beschränkt sich der Anwendungsbereich der mittelbaren Übertragung letztlich darauf, dass sperrfristverstrickte Anteile mittelbar über eine Personengesellschaft unentgeltlich auf eine Kapitalgesellschaft übertragen werden.