Rz. 235

§ 22 Abs. 2 UmwStG regelt die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns II für den Fall, dass die übernehmende Gesellschaft die im Rahmen eines Anteilstauschs i. S. d. § 21 Abs. 1 UmwStG oder einer Sacheinlage i. S. d. § 20 Abs. 1 UmwStG unter dem gemeinen Wert mit eingebrachten Anteile innerhalb der Sperrfrist von sieben Jahren veräußert. Allerdings kommt es nur zu einer rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinns II, wenn und soweit der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt beim Einbringenden nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre. Sperrfristverstrickt sind mithin nicht die erhaltenen, sondern die eingebrachten Anteile.

Ziel des § 22 Abs. 2 UmwStG ist es, eine missbräuchliche Statusverbesserung hin zu einer nach § 8b Abs. 2 KStG steuerbegünstigten Veräußerung zu verhindern. Wäre die Veräußerung im Einbringungszeitpunkt nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen, ist keine Statusverbesserung eingetreten, sodass die Anwendung des Abs. 2 nicht angezeigt ist.

 

Rz. 236

Unabhängig davon, ob die Anteile nach § 20 oder § 21 UmwStG unter dem gemeinen Wert (mit) eingebracht wurden, ist insoweit grundsätzlich ausschließlich § 22 Abs. 2 UmwStG anzuwenden. Ausnahmsweise ist gem. § 22 Abs. 1 S. 5 Hs. 2 UmwStG daneben § 22 Abs. 1 UmwStG zu beachten, wenn das deutsche Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen ausgeschlossen oder beschränkt worden ist.[1]

 

Rz. 237

Als Rechtsfolge einer Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile ordnet § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG die rückwirkende Besteuerung des "Einbringungsgewinns II" im Wirtschaftsjahr der vormaligen Einbringung an.[2] Obgleich der Einbringungsgewinn II als Gewinn i. S. d. § 16 EStG gilt, kommen die Steuervergünstigungen des § 16 Abs. 4 EStG sowie des § 34 EStG nicht zur Anwendung.

 

Rz. 238

Verfahrenstechnisch wird die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns II dadurch sichergestellt, dass § 22 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 22 Abs. 1 S. 2 UmwStG die Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile als rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO fingiert.

 

Rz. 239

Nach § 22 Abs. 2 S. 3 UmwStG wird der Einbringungsgewinn II in einem ersten Schritt aus dem gemeinen Wert der eingebrachten Anteile im Zeitpunkt der Einbringung abzüglich der Kosten für den Vermögensübergang und abzüglich des Werts, mit dem der Einbringende die erhaltenen Anteile angesetzt hatte, ermittelt. Dieser Zwischenwert wird in einem zweiten Schritt noch jeweils um ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr gemindert.

Die Bezugnahme auf den Ansatz des Einbringenden und nicht den Ansatz der übernehmenden Gesellschaft bewirkt, dass bei einem abweichenden Ansatz nach § 21 Abs. 2 S. 2 UmwStG der fiktive Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile ausschlaggebend für die Ermittlung des Einbringungsgewinns II ist.

 

Rz. 240

Die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile erfolgt nach den allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen, wobei § 23 Abs. 2 UmwStG zu beachten ist.

[2] S. zur Zuflussfiktion des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG jüngst Dibbert/Strunk, Stbg 2022, 335.

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