2.3.2.1 Allgemeines
Rz. 30
Nach § 23 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG ist der Zeitraum der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen des Einbringenden der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen, sofern die Dauer der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen für die Besteuerung von Bedeutung ist.
Durch die Besitzzeitanrechnung wird die übernehmende Gesellschaft für Fragen der Zugehörigkeitsdauer im Ergebnis so gestellt, als hätte sie die Wirtschaftsgüter bereits im Anschaffungs- oder Herstellungszeitpunkt des Einbringenden selbst angeschafft oder hergestellt.
Rz. 31
Nach entsprechender Anwendung des Wortlauts des § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG werden die Vorbesitzzeiten nur dann angerechnet, wenn die Wirtschaftsgüter auch beim Einbringenden zu einem Betriebsvermögen gehört haben.
Hierzu zählt unstreitig auch die Zugehörigkeit zu dem Betriebsvermögen eines Einbringenden, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.
Rz. 32 einstweilen frei
Rz. 33
Die Anrechnung der Vorbesitzzeiten gilt nur für Rechtsfolgen, die nach dem ggf. rückbezogenen steuerlichen Einbringungszeitpunkt bei der übernehmenden Gesellschaft eintreten und nicht ggf. rückwirkend für vor diesem Zeitpunkt eintretende Rechtsfolgen.
2.3.2.2 Anrechnung von Vorbesitzzeiten in einem Privatvermögen
Rz. 34
Streitig ist, ob die "entsprechende" Geltung i. S. d. § 23 Abs. 1 UmwStG dahin gehend zu verstehen ist, dass die Vorbesitzzeiten auch dann anrechenbar sind, wenn der Einbringende die im Rahmen eines Anteilstauschs nach § 21 UmwStG eingebrachten Anteile in seinem Privatvermögen gehalten hatte.
Rz. 35
Für die Einbeziehung der Vorbesitzzeiten im Privatvermögen spricht, dass der Wortlaut des § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich nicht zwangsläufig als Einschränkung auf bisher zum Betriebsvermögen gehörende Anteile zu verstehen ist, weil dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 4 UmwStG von vornherein nur Sachverhalte zuzurechnen sind, bei denen die Anteile sich im Betriebsvermögen einer übertragenden Körperschaft befunden haben.
Da § 23 Abs. 1 UmwStG dagegen auch die Einbringung von Anteilen des Privatvermögens erfasst, ist die "entsprechende" Geltung dahin gehend auszulegen, dass die Anrechnung der Vorbesitzzeiten für Zwecke des § 23 Abs. 1 UmwStG auch für bisher zum Privatvermögen gehörende Anteile gilt.
Rz. 36 einstweilen frei
Rz. 37
Auf die Frage, ob etwaige weitere Tatbestandsmerkmale einer fraglichen gesetzlichen Regelung erfüllt sind, z. B. die Zugehörigkeit zu einem Betriebsvermögen oder die Erreichung einer Mindestbeteiligungsquote, wirkt sich die Rechtsfolge "Anrechnung der Vorbesitzzeiten" jedoch nicht aus. Hierfür kann die weitreichendere Rechtsfolge "Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung" nach § 23 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 3 Hs. 1 UmwStG von Bedeutung sein. Bei der Anrechnung der Vorbesitzzeiten geht es ausschließlich um das zeitliche Moment auf der Tatbestandsebene.
Damit läuft die Anrechnung von privaten Vorbesitzzeiten im Ergebnis ins Leere, weil – soweit bekannt – zumindest immer auch eine Betriebsvermögenszugehörigkeit oder eine Beteiligungsquote vorausgesetzt wird.
Rz. 38 – 41 einstweilen frei
2.3.2.3 Anrechnung nur auf zeitraumbezogene Tatbestandsmerkmale
Rz. 42
Nach § 23 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG ist nur der "Zeitraum" anzurechnen, und dies auch nur, wenn (soweit) die "Dauer" der Zugehörigkeit (wirtschaftliches Eigentum) von Bedeutung ist. Dies bedeutet, dass die Vorbesitzzeit sich ausschließlich auf das Tatbestandsmerkmal "Zugehörigkeitsdauer" einer fraglichen gesetzlichen Regelung positiv auswirkt. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG ist aber nicht als lex specialis zur grundsätzlichen Anordnung des Eintritts in die steuerliche Rechtsstellung nach § 12 Abs. 3 Hs. 1 UmwStG anzusehen. Der Norm kommt daher keine Sperrwirkung für von ihrer Regelungsanordnung nicht erfasste Fälle zu.
Rz. 43
Die Anrechnung der Vorbesitzzeiten wirkt sich daher in Einzelfällen wie folgt aus:
Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG:
Möchte die übernehmende Gesellschaft für den Gewinn aus der Veräußerung eines zuvor nach der §§ 20 oder 21 UmwStG zum Buchwert bzw. zu den Anschaffungskosten eingebrachten Wirtschaftsguts § 6b EStG in Anspruch nehmen, ist nach § 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG Voraussetzung, dass das Wirtschaftsgut mindestens sechs Jahre zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört hat.
§ 23 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG hat lediglich zur Folge, dass für das Tatbestandsmerkmal "sechs Jahre (Eigentum/Besitz)" die Vorbesitzzeiten des Einbringenden angerechnet werden können. Die weiteren Tatbestandsmerkmale, wie die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte, bleiben davon unberührt. Diese können durch die weitere Rechtsfolge "Eintritt in di...