Simon Gossert, Moritz Hildenbrand
Rz. 89
Die fremdübliche Einbringung gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte stellt ein entgeltliches Tauschgeschäft dar. Aus der Sicht des Einbringenden handelt es sich mithin um eine Veräußerung des eingebrachten Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils. Damit steht die Anwendung des § 24 UmwStG in einem Konkurrenzverhältnis zur Anwendung des § 16 EStG, geht diesem jedoch als lex specialis hinsichtlich des für das übertragene Betriebsvermögen anzusetzenden Wertansatzes vor.
Rz. 90
§ 24 UmwStG steht in keinem echten Konkurrenzverhältnis zu § 6 Abs. 3 EStG, da § 6 Abs. 3 EStG auf gesellschaftsrechtliche Vorgänge keine Anwendung findet. Allerdings kann mit einer Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auch anteilig eine Schenkung an eine andere natürliche Person einhergehen. In einem solchen Fall überlagert der Schenkungstatbestand die Anwendung des § 24 UmwStG mit der Folge, dass insoweit ggf. § 6 Abs. 3 EStG, ggf. im Zusammenhang mit § 24 UmwStG aus der Sicht des Beschenkten, zur Anwendung kommt. So kommt § 24 UmwStG aus der Sicht des Einbringenden entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung auch bei der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein Einzelunternehmen zur Anwendung. Gleiches gilt in den Fällen einer verdeckten Einlage in eine Kapitalgesellschaft bzw. einer verdeckten Gewinnausschüttung (Rz. 86ff.). Der Entwurf für die Überarbeitung des Umwandlungsteuererlasses gibt jedoch zu erkennen, dass sich die Finanzverwaltung hinsichtlich der Überlagerung des § 6 Abs. 3 EStG der Sichtweise des BFH anschließen möchte.
Rz. 91
Ein Konkurrenzverhältnis kann zu § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG bestehen, da ein Betrieb bzw. Teilbetrieb aus einzelnen Wirtschaftsgütern besteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die "Ausgliederung" eines (Teil-)Betriebs im Wege der Einzelrechtsnachfolge vollzogen wird und dazu alle Wirtschaftsgüter zivilrechtlich einzeln übertragen werden. § 24 UmwStG ist jedoch auch in diesem Fall als lex specialis vorrangig anzuwenden, vorausgesetzt, dass die Einzelübertragungen in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erfolgen.
Soweit einzelne Wirtschaftsgüter, die zu einem Betrieb gehören, nur in das Sonderbetriebsvermögen oder einzelne Wirtschaftsgüter als Bestandteil eines (Teil-)Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils von einem Sonderbetriebsvermögen in ein anderes Sonderbetriebsvermögen überführt werden, kommt ebenfalls vorrangig § 24 UmwStG zur Anwendung (Rz. 55ff.), da die Übertragung (teilweise) nur in das Sonderbetriebsvermögen mit in den Anwendungsbereich des § 24 UmwStG fällt.
Rz. 92
In Abgrenzung zu den Realteilungsgrundsätzen kommt § 24 UmwStG aufgrund der ausdrücklichen Nennung in § 1 Abs. 3 UmwStG grundsätzlich vorrangig zur Anwendung im Fall der Auf- bzw. Abspaltung auf mehrere bzw. eine beteiligungsidentische Personengesellschaft.
Unklar ist hingegen, ob § 24 UmwStG auch bei einer nicht verhältniswahrenden Spaltung (vorrangig) anzuwenden ist. Um überhaupt in den Anwendungsbereich des § 24 UmwStG zu gelangen, wäre die Aufspaltung von zwei Teilbetrieben einer Personengesellschaft auf zwei nicht beteiligungsidentische Personengesellschaften als Einbringung des einen Teilbetriebs durch einen Teil der Gesellschafter in die eine Personengesellschaft und als Einbringung des anderen Teilbetriebs durch den anderen Teil der Gesellschafter in die andere Personengesellschaft zu werten. Eine nicht verhältniswahrende Spaltung bzw. gar eine "Spaltung zu Null" sollte nach zutreffender Meinung in den Anwendungsbereich des § 24 UmwStG fallen, da sich der Einbringungsgegenstand unabhängig von der Person des Einbringenden nach dem der Einbringung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft richtet, wohingegen als Einbringender stets derjenige anzusehen ist, der die Gesellschaftsrechte erhält. Ebenso ist weder § 1 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG noch § 24 UmwStG eine einengende Auslegung bzw. ein Wortlaut zu entnehmen. Die Finanzverwaltung hat in ihrem Entwurf zur Aktualisierung des Umwandlungsteuererlasses Erläuterungen aufgenommen, dass die sog. "nicht verhältniswahrende Spaltung" auch die Möglichkeit mit einschließt, einen Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft überhaupt nicht an der übernehmenden Gesellschaft zu beteiligen (sog. "Spaltung zu Null"). Obwohl diese Ausführungen im Kapitel zum sachlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 UmwStG enthalten sind, ist davon auszugehen, dass diese für alle Umwandlungsarten gelten, da an dieser Stelle grundlegende Erklärungen zur Funktionsweise des UmwG niedergeschrieben werden.