Prof. Dr. Alexander Kratzsch
Rz. 7
Bei § 10f EStG ist ein Sonderfall der Eigennutzung darin zu sehen, dass Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen werden dürfen (§ 10f Abs. 1 S. 4, Abs. 2 S. 4 EStG). Der unentgeltlich überlassene Teil wird damit der Eigennutzung des Stpfl. zugerechnet. Dies gilt aber nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur dann, wenn es sich bei dem überlassenen Teil (nur) um den Teil einer Wohnung handelt, die der Stpfl. im Übrigen selbst nutzt. Die unentgeltliche Überlassung eines Raums oder einer Zusammenfassung von Räumen, die nicht Bestandteil seiner Wohnung sind, wird daher von diesem Sonderfall nicht erfasst und unterliegt damit nicht der Förderung. Nicht begünstigt ist dementsprechend die unentgeltliche Überlassung einer kompletten Wohnung oder mehrerer Wohnungen des (sonst) zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudes. Lediglich die Überlassung eines Teils einer selbstgenutzten Wohnung ist unschädlich. Wird eine Wohnung insgesamt unentgeltlich überlassen, besteht somit weder eine Förderung nach den §§ 7h, 7i EStG noch nach § 10f EStG, ebenso wenig bei entgeltlicher Überlassung ohne Einkunftserzielungsabsicht (Rz. 6).
Rz. 7a
Eine unentgeltliche (Teil-)Überlassung liegt allerdings nicht vor bei einer Eigennutzung durch Kinder, für die der Stpfl. kindergeldberechtigt ist. In diesem Fall ist keine "Überlassung" i. S. d. § 10f EStG, sondern eine (originäre) Eigennutzung gegeben, sodass nicht (nur) der Teil einer Wohnung, sondern auch die gesamte Wohnung überlassen werden kann. Eine Eigennutzung des Eigentümers konnte nach der Rspr. des BFH zu § 10e EStG nämlich ausnahmsweise dann angenommen werden, wenn er die Wohnung einem – einkommensteuerlich zu berücksichtigenden – Kind, also einem Kind i. S. d. § 32 EStG, unentgeltlich zur alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen. Diese Rspr. zu § 10e EStG ist auch bei der Auslegung des Begriffs der "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" i. S. d. § 10f EStG anzuwenden.
Rz. 7b
Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Begriffe, die in verschiedenen Vorschriften desselben Gesetzes verwendet werden, sind grundsätzlich einheitlich auszulegen. Aufgrund des übereinstimmenden Wortlautes in § 10f Abs. 1 S. 4 EStG und § 10e Abs. 1 S. 3 EStG ist der Begriff "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" i. S. d. § 10f EStG nach Maßgabe der zu § 10e EStG ergangenen Rspr. zu bestimmen. Maßgeblich ist somit, ob ein Kind i. S. d. § 32 EStG vorlag und die Wohnung auch nicht zur Erfüllung einer gegenüber dem Kind bestehenden Unterhaltsverpflichtung überlassen wurde. Letzteres schließt eine Unentgeltlichkeit aus. Ist dies der Fall, liegt insgesamt eine Eigennutzung vor und es ist unschädlich, wenn die gesamte Wohnung überlassen wird. Nur wenn keine Überlassung an ein Kind i. S. v. § 32 EStG erfolgt, ist eine unentgeltliche Teilüberlassung unschädlich. Aus § 4 S. 2 EigZulG lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten: Nach § 4 S. 2 EigZulG liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. d. § 4 EigZulG zwar auch vor, soweit eine Wohnung unentgeltlich an einen Angehörigen i. S. d. § 15 AO zu Wohnzwecken überlassen wird. Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit § 4 S. 2 EigZulG offenbar eine Regelungsbedürftigkeit dieser sachlichen Erweiterung der Eigennutzung erkannt und dementsprechend eine – von dem Wortlaut in § 10f Abs. 1 S. 4 EStG und § 10e Abs. 1 S. 3 EStG abweichende Formulierung vorgenommen.