Rz. 8
§ 11 EStG betrifft nur die zeitliche Zuordnung steuerbarer bzw. steuerlich abzugsfähiger Aufwendungen.[1] § 11 EStG findet keine Anwendung
- gem. § 11 Abs. 1 S. 4 EStG bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG. Für die Bilanzierung ist nicht der Abfluss bzw. der Zufluss ausschlaggebend, sondern die Aktivierung bzw. die Passivierung von Forderungen und Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 EStG Rz. 25ff.), die insbesondere durch die Vorschriften über die Bewertung (§§ 6, 7 EStG) eingeschränkt werden (§ 5 EStG Rz. 162ff.). Durch – freiwilligen – Übergang zum Betriebsvermögensvergleich kann das Zufluss- und Abflussprinzip vermieden werden;
- auf regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben, die kurze Zeit vor oder nach Beginn des Kj., zu dem sie wirtschaftlich gehören, zu- oder abgeflossen sind (§ 11 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 EStG);
- bei den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit, soweit es sich um laufenden (regelmäßig zufließenden) Arbeitslohn handelt (§ 11 Abs. 1 S. 4 EStG i. V. m. § 38a Abs. 1 S. 2 EStG; Rz. 55ff.);
- auf die von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfassten Gewinnanteile von Mitunternehmern (Rz. 70 "4 Gewinne von Mitunternehmern");
- bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen nach § 17 EStG; § 17 Abs. 2 EStG stellt insofern eine Gewinnermittlungsvorschrift eigener Art dar, als für den Zeitpunkt der Besteuerung nicht auf den Zufluss des Entgelts und für Anschaffungs- und Veräußerungskosten nicht auf den Abfluss abzustellen ist (§ 17 EStG Rz. 176); Entsprechendes gilt für die Ermittlung des Herabsetzungsgewinns nach § 17 Abs. 4 (§ 17 EStG Rz. 346);
- auf Anschaffungs- und Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Rahmen der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG (§ 4 Abs. 3 S. 3 EStG) sowie gem. § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG im Bereich der Werbungskosten für Arbeitsmittel. Die Aufwendungen sind nicht im Abflussjahr, sondern verteilt auf die Nutzungsdauer als AfA abziehbar. Für Anschaffungskosten betreffend Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens gilt dagegen das Zu- und Abflussprinzip[2];
- für die Anschaffung geringwertiger Wirtschaftsgüter; nach § 6 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 7 S. 2 ist das Jahr der Anschaffung, nicht der Zahlung entscheidend;
- auf die Verteilung von Erhaltungsaufwand nach § 4 Abs. 8, § 10f Abs. 2, § 11a, § 11b; §§ 82a Abs. 3, 82b EStDV;
- Abweichungen vom Abflussprinzip können auch eintreten bei § 23 Abs. 3 EStG[3], bei § 16 Abs. 2 EStG[4] sowie bei § 22 Nr. 3 EStG[5] (§ 22 EStG Rz. 178);
- bei Zufluss von Kapitalerträgen für die KapESt, § 44 Abs. 2, 3 EStG;
- auf Aufsichtsratsvergütungen und Vergütungen i. S. v. § 50a Abs. 5 S. 1 EStG (§ 73c EStDV).
Rz. 9
§ 11 EStG findet Anwendung
- bei der Ermittlung des Einnahmeüberschusses bei den Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 EStG (Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, sonstige Einkünfte), bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, soweit es sich um nicht laufenden Arbeitslohn handelt (§ 11 Abs. 1 S. 3 EStG i. V. m. § 38a Abs. 1 S. 3 EStG);
- für Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG[6], z. B. auch für Anschaffungs-/Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens[7];
- bei nachträglichen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, die nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt werden;
- bei Sonderausgaben. Kirchensteuern sind als Sonderausgaben im Jahr der Zahlung und nicht im Jahr der Steuerentstehung abzugsfähig.[8] Die Erstattung von Sonderausgaben fällt nicht unter § 11 EStG. Erstattete KiSt ist daher mit der im Zahlungsjahr geleisteten KiSt zu verrechnen, soweit sie nicht mit gezahlter KiSt im Erstattungsjahr verrechnet werden kann[9];
- bei außergewöhnlichen Belastungen; zu den Einschränkungen s. Rz. 70 "außergewöhnliche Belastungen";
- bei sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 1 EStG;
- im Zusammenhang mit § 32b EStG , da es sich bei den in § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG genannten Einkünften nicht um Arbeitslohn handelt. Eine direkte oder analoge Anwendung von § 11 Abs. 1 S. 4 EStG kommt nicht in Betracht[10];
- auf Einkünfte, die die Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit sind; hier gilt ebenfalls das Zuflussprinzip, d. h., für die mehrjährige Tätigkeit gezahlte Vergütung ist im Jahr des Zuflusses zu versteuern.[11] Die Fünftel-Regelung nach § 34 Abs. 3 EStG ist lediglich eine Tarifentlastung (§ 34 EStG Rz. 70ff.); die Fünftel-Regelung gem. § 39b Abs. 3 S. 9 und 10 EStG ist ab Vz 2025 nicht mehr im LSt-Abzugsverfahren anzuwenden.[12]
- auf die zeitliche Berücksichtigung von AfaA.
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