Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 69
Der nach Abzug der Veräußerungskosten verbleibende Veräußerungserlös bzw. das entnommene Grundstück muss zur Abfindung weichender Erben verwendet werden. Unter einer Abfindung ist eine zweckgerichtete, finale Leistung mit Tilgungswirkung zu verstehen, die dem weichenden Erben gewährt wird, um den Vermögensnachteil auszugleichen, der ihm dadurch entsteht, dass eine Übertragung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs auf ihn nicht erfolgt. Der Begriff der Abfindung ist weit auszulegen. Von daher sind mit Abfindungsabsicht geleistete Zahlungen auch insoweit begünstigt, als sie den Betrag übersteigen, der dem weichenden Erben gesetzlich zusteht. Nicht zu den Abfindungen i. S. d. § 14a Abs. 4 EStG gehören Ausgleichszahlungen nach § 13 HöfeO oder nach § 17 GrStVG.
Rz. 70
Wird in sachlichem Zusammenhang mit einer Hoferbfolge oder einer Hofübernahme aufgrund einer Abfindungsverpflichtung ein Kredit aufgenommen, um die Abfindungszahlungen an die weichenden Erben erbringen zu können, und wird der Kredit durch – nach Abzug der Veräußerungskosten – verbleibende Veräußerungserlöse innerhalb des zeitlichen Rahmens des § 14a Abs. 4 S. 2 Nr. 1 EStG zurückgeführt, ist eine Berechtigung zur Inanspruchnahme der Freibetragsregelung gegeben, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 14a Abs. 4 S. 2 Nr. 2 EStG vorliegen. Demgegenüber wird der nach Abzug der Veräußerungskosten verbleibende Verkaufspreis für Grund und Boden, der zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörte, nicht zur Abfindung weichender Erben verwendet, wenn der Betriebsinhaber seinen Kindern als weichende Erben zwar entsprechende Geldbeträge unentgeltlich zuwendet, die Kinder ihm diese jedoch dem Vertrag zufolge sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung stellen müssen.
Rz. 71
Bedeutungslos ist, ob die Abfindung der weichenden Erben durch den Übergeber bzw. den Übernehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs oder durch beide erfolgt. In letzterem Fall steht beiden die Vergünstigung nach § 14a Abs. 4 EStG für jeden weichenden Erben zu. Die Abfindung eines weichenden Erben kann auch in mehreren Schritten erfolgen. Der Freibetrag für den nächstfolgenden Abfindungsschritt kann allerdings nur insoweit gewährt werden, als er noch nicht für den jeweiligen weichenden Erben ausgeschöpft war. Eine Inanspruchnahme des Freibetrags nach § 14a Abs. 4 EStG ist auch durch den weichenden Erben selbst möglich. In Betracht kommt dies, wenn z. B. der weichende Erbe Miterbe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs wird und im Rahmen der Erbauseinandersetzung vom anderen Miterben mit einem Grundstück abgefunden wird.
Rz. 72
Wird im Rahmen von § 14a Abs. 4 EStG ein Grundstück auf ein Kind als weichendem Erben übertragen, das mit seinem Ehegatten in Gütergemeinschaft lebt, ist die Übertragung insgesamt nach § 14a Abs. 4 EStG begünstigt, wenn das Grundstück in das Gesamtgut fällt. Anders ist dies bei der Übertragung eines Grundstücks auf ein Kind als weichendem Erben und dessen Ehegatten zu Miteigentum. Bezüglich des auf den Ehegatten übertragenen Grundstücksteils liegt keine begünstigte Verwendung nach § 14a Abs. 4 EStG vor. Die Begünstigung erfolgt allerdings in voller Höhe, wenn der Ehegatte auf Wunsch des Kindes Miteigentümer wird. In diesem Fall muss sich das Kind die Zuwendung uneingeschränkt auf seinen Erbanspruch anrechnen lassen. Die Steuerbegünstigung nach § 14a Abs. 4 EStG greift auch dann ein, wenn ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb von Ehegatten in der Rechtsform einer GbR betrieben wird und ein Mitunternehmer-Ehegatte aus seinem Sonderbetriebsvermögen ein zivilrechtlich in seinem Alleineigentum stehendes Grundstück entnimmt und damit den anderen Miteigentümer-Ehegatten als weichenden Erben abfindet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das entnommene Grundstück nach der Entnahme nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wird.