Rz. 131

§ 15a EStG begrenzt den berücksichtigungsfähigen Verlustanteil des Kommanditisten auf die Höhe seines – positiven – Kapitalkontos. Das Gesetz umschreibt dies so, dass ein Anteil am Verlust der KG nicht ausgeglichen werden darf, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Indirekt bringt diese Formulierung damit zugleich zum Ausdruck, dass ein negatives Kapitalkonto entstehen kann und anerkannt wird, dass aber Verluste, die zu seiner Entstehung oder Erhöhung führen, zurzeit nicht berücksichtigungsfähig sind.

 

Rz. 132

Dem Begriff des Kapitalkontos kommt im Rahmen des § 15a EStG entscheidende Bedeutung zu. Nach dem Wortlaut, dem Sinnzusammenhang, aber auch der Begründung des Gesetzes ist darunter das ertragsteuerliche Kapitalkonto zu verstehen, nicht das handelsrechtliche. Das Hauptanliegen des § 15a EStG, den Verlustausgleich auf den handelsrechtlichen Haftungsbetrag zu begrenzen, steht dem keinesfalls entgegen. Die Ausgleichsbegrenzung gilt nämlich nur für den steuerlichen Verlustanteil; dieser Verlustanteil wird aber aufgrund der Steuerbilanz ermittelt, die wiederum nur das ertragsteuerliche Kapital ausweist.

 

Rz. 133

Mit Kapital ist das Eigenkapital gemeint; es besteht aus dem gezeichneten Kapital i. S. d. § 272 Abs. 1 HGB sowie etwaigen Kapitalrücklagen i. S. v. § 272 Abs. 2 HGB, sodann aus Gewinnen sowie Gewinnrücklagen i. S. d. § 272 Abs. 3 HGB.[1] Zu berücksichtigen und anzusetzen ist es nur mit dem Buchwert.[2] Stille Reserven erhöhen das Ausgleichsvolumen erst, wenn sie realisiert und dem Kapitalkonto gutgeschrieben sind. Das gilt auch für die Reserven in den sog. steuerfreien Rücklagen bzw. den Sonderposten mit Rücklageanteil i. S. d. § 273 HGB. Sie zählen gleichfalls erst nach ihrer Auflösung zum ertragsteuerlichen Kapitalkonto.

 

Rz. 134

Der Höchstbetrag des Verlustausgleichs wird letztlich bestimmt durch die tatsächlichen finanziellen Aufwendungen des Kommanditisten, die in der Diktion des EStG in den Anschaffungskosten für die Beteiligung ihren Ausdruck finden. Dem Umstand, dass die höchstrichterliche Rspr. die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft nicht als einheitliches Wirtschaftsgut ansieht, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Bei dieser Betrachtungsweise verteilen sich die Anschaffungskosten auf die – anteilig – erworbenen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens; ihre Summe bildet das Kapitalkonto.

 

Rz. 134a

Durch eine freiwillige Einlage kann der Kommanditist unter bestimmten, insbesondere auch zeitlichen (Rz. 260ff.), Voraussetzungen sein Verlustausgleichsvolumen erhöhen. Nach der Rspr. des BFH, kann die steuerrechtliche Anerkennung einer Einlage für Zwecke von § 15a EStG aber nur dann erfolgen, wenn es sich um eine nach dem Gesellschaftsvertrag zulässige Einlage handelt. Auch möglich ist daneben die Legitimation durch einen Gesellschafterbeschluss. Für die Wirksamkeit der entsprechenden Zuführung von Eigenkapital muss aufseiten der Gesellschaft deren Vermögen etwas von außen zugeflossen sein, was parallel aufseiten des Kommanditisten zu seiner wirtschaftlichen Belastung führt. Diese Anknüpfung an die gesellschaftsrechtliche Legitimation der Erbringung der Einlage kann in der Praxis Handlungsbedarf durch Anpassung des Gesellschaftsvertrags hervorrufen, bevor der KG Mittel zugeführt werden.[3]

[3] BFH v. 10.11.2022, IV R 8/19, BStBl II 2023, 332, BFH/NV 2023, 307; mit ausführlicher Darstellung der Konsequenzen für die Praxis: Peters, EStB 2023, 43ff.; mit allgemeinem Überblick zu Verlust und Kapitaleinlagen im Rahmen des § 15a EStG: Schulze zu Wiesche, BB 2023, 599ff.

2.2.1 Grundlagen der Kapitalkontenbestimmung

 

Rz. 135

Während § 167 Abs. 2 HGB das Bestehen eines "Kapitalanteils" voraussetzt, zwar nicht sagt, was darunter zu verstehen ist, aber von einem einheitlichen und veränderlichen Anteil ausgeht (Rz. 59), folgt die handelsrechtliche und ertragsteuerliche Praxis dem nicht.

 

Rz. 136

Es wird vielmehr regelmäßig von der gesetzlichen Regelkonstellation abgewichen und eine Trennung in mehrere Konten vorgenommen, so z. B. im sog. Vier-Konten-Modell:

 
  • Kapitalkonto I
= festes Kapitalkonto zur Bestimmung der Quote am Gewinn/Verlust und Stimmrecht
  • Kapitalkonto II
= Reserve- oder Rücklagenkonto
  • Kapitalkonto III
= Darlehenskonto, dem Gewinnanteile, Zinsen oder Tätigkeitsvergütungen zugeschrieben und von dem Entnahmen abgebucht werden
  • Kapitalkonto IV
= Verlustvortragskonto, das ein Unterkonto zum Kapitalkonto I bildet

2.2.1.1 Kapitalkontenmodelle

2.2.1.1.1 Zwei-Konten-Modell

 

Rz. 137

Das erste Alternativmodell zur gesetzlich vorgesehenen Kontenaufteilung kommt mit 2 Konten aus. Dabei wird das erste Konto – das sog. Kapitalkonto I – als festes Kapitalkonto geführt.[1] Auf ihm wird in der Regel die vereinbarte Einlage des Gesellschafters verbucht; nach diesem starren Betrag richten sich anschließend die Beteiligungsverhältnisse zwischen den Gesellschaftern, also z. B. Stimm- und Gewinnbezugsrechte. Damit ...

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