Rz. 197

Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der KSt befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, die Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG gehören. Bei den Körperschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG handelt es sich um Versicherungs- und Pensionsvereine auf Gegenseitigkeit, sonstige juristische Personen des privaten Rechts und nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen sowie andere Zweckvermögen des privaten Rechts. Für die Besteuerung hat es keine Bedeutung, ob eine Körperschaft ihren Sitz im In- oder im Ausland hat, denn § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 EStG stellt klar, dass auch Einnahmen aus Leistungen ausländischer Körperschaften erfasst werden.[1]

 

Rz. 198

Körperschaften i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG nehmen zwar keine Gewinnausschüttungen vor, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG der Besteuerung unterworfen werden könnten, möglich sind aber Leistungen an Gesellschafter, die mit Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG bei wirtschaftlicher Betrachtung vergleichbar sind.[2] Der Erfassung dieser Leistungen dient der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG.[3] Ergänzt wird die durch § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 EStG, der den Gewinn aus der Veräußerung von Beteiligungen an Körperschaften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG der Besteuerung unterwirft.[4]

 

Rz. 199

Zu den Einnahmen aus Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG gehören alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert, die ein Gesellschafter von einer Körperschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG erhält. Da die Leistungen mit Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sein müssen, werden nur solche Vorteilszuwendungen erfasst, die durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht durch ein anderes Rechtsverhältnis veranlasst sind.[5] Derartige Einnahmen sind in erster Linie Zuwendungen in Geld oder Geldeswert, die Ähnlichkeiten zu einer offenen Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG aufweisen (z. B. Auskehrung von Überschüssen eines VVaG an seine Mitglieder[6]). Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist im Hinblick auf Ausschüttungen von Stiftungen, ob die Annahme einer wirtschaftlichen Vergleichbarkeit mit Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG bedingt, dass der Leistungsempfänger mittelbar oder unmittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen kann.[7] Laut FG Hamburg ist dies nicht notwendig. Der Begriff der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit sei weit auszulegen.[8] Daneben gehören Vorteilszuwendungen, die einer verdeckten Gewinnausschüttung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind, zu den Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG (z. B. Zahlung eines unangemessen hohen Gehalts eines e. V. an seinen Vorsitzenden[9]).

 

Rz. 200

Nicht zu Einnahmen aus Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG führt die Rückzahlung der in das Nennkapital der Körperschaft geleisteten Einlagen. Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG stellen ebenfalls keine Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG dar (§ 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 Halbs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG). Im Fall der Auflösung einer Körperschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG haben die Gesellschafter die in den Rücklagen ausgewiesenen Gewinne sowie einen ggf. anfallenden Abwicklungsgewinn als Einnahmen aus Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG zu versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 Halbs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG). Auch Nennkapital, das anlässlich der Auflösung einer Körperschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG an die Gesellschafter zurückgezahlt wird, unterliegt der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG, sofern es aus Gewinnrücklagen gebildet wurde (§ 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 Halbs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG). Im Fall einer Kapitalherabsetzung ist das aus Gewinnrücklagen gebildete und an die Gesellschafter zurückgezahlte Nennkapital ebenfalls nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG zu versteuern (§ 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 Halbs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG).

[2] Jochum, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 EStG Rz. C/9 6.
[3] StSenkG v. 23.10.2000, BGBl I 2000, 1433.
[4] Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BGBl I 2007, 1912.
[5] Geurts, in Bordewin/Brandt, EStG, , § 20 EStG Rz. 573.
[7] Z. B. Levedag, in Schmidt, EStG, 2023, § 20 EStG Rz. 131.

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