2.1.2.1 Gewinnanteile, Ausbeuten und sonstige Bezüge

 

Rz. 106

§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG unterwirft Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge, die ein Gesellschafter aus einer Beteiligung an einer AG, GmbH, Genossenschaft oder optierenden Gesellschaft i. S. d. § 1a KStG erzielt, als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Besteuerung.

Rz. 107 einstweilen frei

 

Rz. 108

Zu den Gewinnanteilen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG gehören alle Güter in Geld oder Geldeswert, die einem Gesellschafter von einer Körperschaft gewährt werden und die den Anteil des Gesellschafters am ordnungsgemäß ausgeschütteten Gewinn der Gesellschaft darstellen.[1] Gewinnanteile i. d. S. liegen daher nur vor, wenn die betreffenden Vermögensvorteile auf Grundlage eines den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschlusses ausgeschüttet werden.[2] Keine Gewinnanteile sind folglich Anteile am Gesellschaftsgewinn, die einem Gesellschafter außerhalb eines förmlichen Ausschüttungsverfahrens zugewendet werden. Nachzahlungsbeträge im Zusammenhang mit Anteilen an Kapitalgesellschaften ohne eindeutige Rechtsnatur betrachtet die Finanzverwaltung im Zweifel als Dividenden.[3]

Haben ausl. Gesellschaften (z. B. in der Rechtsform der LLC, LP oder MLP), deren Anteile als depotfähige Wertpapiere an einer Börse gehandelt werden, nach ausl. Steuerrecht ein Wahlrecht zur Besteuerung als Kapital- oder Personengesellschaft, sind deren Erträge für das Steuerabzugsverfahren auch dann als Dividendenerträge zu behandeln, wenn nach ausl. Steuerrecht zur Besteuerung als Personengesellschaft optiert wurde.[4]

Rz. 109 einstweilen frei

 

Rz. 110

Zu den sonstigen Bezügen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG gehören alle Güter in Geld oder Geldeswert, die ein Gesellschafter von einer Körperschaft erhält und die keine Gewinnanteile oder Ausbeuten darstellen.[5] Anders als das Vorliegen von Gewinnanteilen und Ausbeuten setzt das Vorliegen sonstiger Bezüge daher keinen den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss voraus.[6] Unter die sonstigen Bezüge fallen folglich alle Anteile am Gesellschaftsgewinn, die einem Gesellschafter außerhalb eines förmlichen Ausschüttungsverfahrens zugewendet werden. Insbesondere verdeckte Gewinnausschüttungen und unrechtmäßige Vorabausschüttungen gehören zu den sonstigen Bezügen.[7]

[1] BFH v. 20.3.1956, I 178/55 U, BStBl III 1956, 179; Buge, in H/H/R, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 61; Bleschick, in Kirchhof/Seer, EStG, 2024, § 20 EStG Rz. 49.
[2] Jochum, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 EStG Rz. C 19 f.
[5] BFH v. 7.12.2004, VIII R 70/02, BStBl II 2005, 468, BFH/NV 2005, 760; Buge, in H/H/R, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 67; Ratschow, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 20 EStG Rz. 74.
[6] Jochum, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 EStG Rz. C/1 28.
[7] Hamacher/Dahm, in Korn, EStG, § 20 EStG Rz. 148; Buge, in H/H/R, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 63, 67; Jochum, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 EStG Rz. C/1 28 f .

2.1.2.2 Zweifelhafte Einzelfälle steuerpflichtiger Bezüge

 

Rz. 111

Als Vorabausschüttungen werden Leistungen einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter im Hinblick auf den erwarteten, aber noch nicht endgültig festgestellten Gewinn eines Wirtschaftsjahrs bezeichnet. Bei der AG sind Vorabausschüttungen im laufenden Wirtschaftsjahr grundsätzlich unzulässig und als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln.[1] Dagegen werden bei der GmbH während eines Wirtschaftsjahrs vorgenommene Vorabausschüttungen als im Grundsatz zulässig angesehen und als laufende Gewinnausschüttungen besteuert.[2]

 

Rz. 112

Bei disquotalen Gewinnausschüttungen handelt es sich um Gewinnausschüttungen, die mit den an einer Gesellschaft bestehenden Beteiligungsverhältnissen nicht übereinstimmen. Die Gewinne werden demnach disquotal verteilt. Die Rspr. erkennt disquotale Gewinnausschüttungen im Anschluss an ihre gesellschaftsrechtliche Wirksamkeit auch für die Zwecke der Besteuerung an.[3]

Die Finanzverwaltung akzeptiert diese Rspr. nur mit Einschränkungen an. Erstens ist nach Auffassung der Finanzverwaltung eine disquotale Gewinnverteilung steuerlich nur anzuerkennen, wenn der zugrundeliegende disquotale Gewinnverteilungsschlüssel im Gesellschaftsvertrag vorgesehen oder eine Öffnungsklausel enthalten ist, wonach der Verteilungsschlüssel alljährlich mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter oder einstimmig abgeändert werden kann.[4] Beruht die disquotale Gewinnverteilung demgegenüber auf einem die Satzung durchbrechenden – jedoch gesellschaftsrechtlich wirksamen – Gewinnverteilungsbeschluss, verweigert die Finanzverwaltung wohl die steuerliche Anerkennung.[5] Ein dieser Auffassung widersprechendes BFH-Urteil wurde von der Finanzverwaltung bisher nicht im BStBl II veröffentlicht.[6] Zweitens soll in Zusammenhang mit disquotalen Gewinnausschüttungen ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch i. S. v. § 42 AO zu prüfen sein, wobei für die disquotole Gewin...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge