Rz. 208

Gegenstand eines Optionsgeschäfts i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbs. 1 EStG ist die Einräumung eines Rechts, nicht aber die Begründung einer Pflicht, eine bestimmte Menge an Basiswerten (z. B. Wertpapiere, Edelmetalle) zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu einem vorher bestimmten Basispreis an denjenigen, mit dem das Geschäft abgeschlossen wurde, zu verkaufen oder von diesem abzukaufen. Anstelle der tatsächlichen Lieferung oder Abnahme des Basiswerts können die Beteiligten auch vereinbaren, dass im Zeitpunkt der Ausübung der Option im Rahmen eines Barausgleichs lediglich die Differenz zwischen dem Basispreis und dem aktuellen Marktpreis des Basiswerts in Geld ausgeglichen wird. Für die Einräumung des Optionsrechts muss der Optionsinhaber dem Optionsstillhalter eine Prämie bezahlen, die entweder im Zeitpunkt der Einräumung oder der Ausübung der Option fällig wird. Diese Prämie wird als Stillhalterprämie bezeichnet und unterliegt der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbs. 1 EStG. Ob das Optionsrecht in einem Wertpapier verbrieft ist oder nicht und ob es an einer amtlichen Börse oder außerbörslich gehandelt wird, ist insoweit ohne Bedeutung.[1]

 

Rz. 209

Im Gegensatz zu Optionsgeschäften besteht bei Festgeschäften nicht lediglich eine Berechtigung, sondern vielmehr eine Verpflichtung, eine bestimmte Menge an Basiswerten zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt zu einem bereits feststehenden Basispreis an denjenigen, mit dem das Geschäft abgeschlossen wurde, zu verkaufen oder diesem abzukaufen (z. B. Futures, Forwards). Auch bei Festgeschäften können die Beteiligten eine Vereinbarung treffen, wonach im Zeitpunkt der Durchführung des Geschäfts auf eine tatsächliche Lieferung oder Abnahme des Basiswerts verzichtet und im Rahmen eines Barausgleichs lediglich die Differenz zwischen dem Basispreis und dem aktuellen Marktpreis des Basiswerts in Geld ausgeglichen wird. Prämien, die im Rahmen von Festgeschäften erzielt werden, sind nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbs. 1 EStG zu versteuern, da die Regelung nach ihrem Wortlaut nur Prämien aus Optionsgeschäften, nicht aber Prämien aus Festgeschäften erfasst. Prämien, die im Rahmen von Festgeschäften erzielt werden, unterliegen der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a) EStG, wobei es auch hier unerheblich ist, ob das Geschäft in einem Wertpapier verbrieft ist oder ob nicht und ob es an einer amtlichen Börse oder außerbörslich gehandelt wird.[2]

 

Rz. 210

Bei einer Glattstellung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbs. 2 EStG handelt es sich um eine besondere Form der Beendigung eines Optionsgeschäfts, bei der der Optionsstillhalter das Optionsgeschäft durch den Abschluss eines Gegengeschäfts neutralisiert. Dadurch kann der Optionsstillhalter verhindern, dass er aus der Option in Anspruch genommen wird und den Basiswert liefern oder abnehmen oder einen Barausgleich leisten muss. In Abhängigkeit von den zivilrechtlichen Auswirkungen ist zwischen der beendenden und der einfachen Glattstellung zu unterscheiden:

  • Bei der beendenden Glattstellung werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten durch den Abschluss eines Gegengeschäfts, im Rahmen dessen eine Schuldaufhebungs- und Verrechnungsabrede getroffen wird, zivilrechtlich zum Erlöschen gebracht.[3] Dies geschieht dadurch, dass der Optionsstillhalter an der EUREX unter Closing-Vermerk eine Option der gleichen Art kauft, wie er sie zuvor an den Optionsinhaber verkauft hat. Für den Erwerb der Option muss der Optionsstillhalter eine Prämie bezahlen (sog. Glattstellungsprämie). Nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbs. 2 EStG kann der Optionsstillhalter diese von der vereinnahmten Stillhalterprämie abziehen.
  • Im Gegensatz zur beendenden Glattstellung kommt es bei der einfachen Glattstellung nicht zum zivilrechtlichen Erlöschen der gegenseitigen Rechte und Pflichten.[4] Zwar erwirbt der Optionsstillhalter auch bei einer einfachen Glattstellung an der EUREX oder außerhalb der Börse eine Option der gleichen Art, wie er sie zuvor an den Optionsinhaber verkauft hat. Jedoch fehlt es an einem Closing-Vermerk und folglich an einer zivilrechtlichen Verknüpfung der beiden Optionsgeschäfte in Form einer Schuldaufhebungs- und Verrechnungsabrede, sodass das ursprüngliche Optionsgeschäft lediglich wirtschaftlich aufgehoben wird. Auch im Rahmen einer einfachen Glattstellung muss der Optionsstillhalter für den Erwerb der Option eine Prämie bezahlen, die ebenfalls als Glattstellungsprämie bezeichnet wird. Gleichwohl kann sie nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 Halbs. 2 EStG von der vereinnahmten Stillhalterprämie abgezogen werden, da die Regelung nach ihrer Systematik nur die beendende, nicht aber die einfache Glattstellung erfasst. Die im Fall einer einfachen Glattstellung abgeschlossenen Optionsgeschäfte sind vielmehr als eigenständige Vorgänge zu beurteilen und einer getrennten Besteuerung zu unterwerfen.[5]
 

Rz. 211

§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG besteuert den Unterschiedsbetrag zwischen vereinnahmten Stillhalter- und v...

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