Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
2.5.2.1 Voraussetzungen einer stillen Gesellschaft
Rz. 138
Bei einer stillen Gesellschaft i. S. d. §§ 230ff. HGB handelt es sich um eine zwischen dem Inhaber eines Handelsgewerbes und einem Dritten, dem stillen Gesellschafter, gegründete Innengesellschaft, im Rahmen derer sich der Dritte mit einer Vermögenseinlage an dem Handelsgewerbe beteiligt und dafür einen Anteil am Gewinn erhält, den das Handelsgewerbe abwirft (§ 230 Abs. 1, § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). Eine Verlustbeteiligung können die Beteiligten im Gesellschaftsvertrag ausschließen (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB).
Rz. 139
Das Vorliegen einer stillen Gesellschaft setzt zunächst voraus, dass sich ein Dritter mit einer Vermögenseinlage an einem Handelsgewerbe beteiligt. Fehlt es an einer Vermögenseinlage, liegt keine stille Gesellschaft vor; das gilt gleichermaßen, wenn lediglich Bürgschaften übernommen oder Darlehen gegeben wurden. In diesem Fall ist das Vorliegen eines Darlehens zu prüfen. Die Vermögenseinlage ist von dem Dritten in der Weise zu leisten, dass sie in das Alleineigentum des Inhabers des Handelsgewerbes übergeht. Im Gegensatz zu anderen Gesellschaften wird bei der stillen Gesellschaft also kein Gesellschaftsvermögen gebildet. Der stille Gesellschafter erhält daher auch keine Beteiligung am Vermögen, sondern lediglich eine Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft. Voraussetzung für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft ist weiterhin, dass die Vermögenseinlage in ein Handelsgewerbe geleistet wird. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den Bestimmungen des Handelsrechts. Entscheidend ist, ob es sich bei dem Inhaber des Unternehmens um einen Kaufmann handelt. Beteiligt sich der Dritte mit einer Vermögenseinlage an einem Unternehmen, das kein Handelsgewerbe darstellt, liegt keine stille Gesellschaft i. S. d. §§ 230ff. HGB, sondern eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts i. S. d. §§ 705ff. BGB vor. In diesem Fall erzielt der Dritte nicht Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG, sondern u. E. Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG. Eine stille Gesellschaft setzt außerdem voraus, dass die Beteiligten einen gemeinsamen Zweck verfolgen. Insofern unterscheidet sich die stille Gesellschaft nicht von anderen Gesellschaften. Sofern die Beteiligten keinen gemeinsamen Zweck verfolgen, kann eine stille Gesellschaft nicht angenommen werden. Dann ist zu fragen, ob die Beteiligten ein Darlehensverhältnis begründet haben. Mit der Einigung auf einen gemeinsamen Zweck werden die Vorstellungen der Beteiligten über die Zielsetzung der Gesellschaft (z. B. Betrieb eines Handelsgewerbes, Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft) zum Vertragsinhalt erhoben. Die Zielsetzung der Gesellschaft darf indes nicht mit den Motiven der Beteiligten für ihre Beteiligung an der Gesellschaft (z. B. Stärkung der Eigenkapitalbasis aus der Sicht des Unternehmers, Investition in ein renditestarkes Unternehmen aus der Sicht des stillen Gesellschafters) vermengt werden. Allein die Tatsache, dass sich ein Dritter mit einer Vermögenseinlage an einem Handelsgewerbe beteiligt, reicht für das Vorliegen eines gemeinsamen Zwecks noch nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass die Beteiligten einen Zweck verfolgen, der über die Leistung einer Vermögenseinlage und deren Verwendung durch den Inhaber des Handelsgewerbes hinausgeht.
Rz. 140
Voraussetzung für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft ist weiterhin, dass der Dritte einen Anteil am Gewinn des Handelsgewerbes erhält, an dem er sich mit einer Einlage beteiligt hat. Die Höhe der Gewinnbeteiligung liegt grds. in der freien Dispositionsbefugnis der Vertragsparteien, bei nahen Angehörigen unter Beachtung des Fremdvergleichs. Fehlt eine Gewinnbeteiligung, handelt es sich nicht um eine stille Gesellschaft. Insbesondere dann, wenn die Gewinnbeteiligung durch eine feste Verzinsung der Vermögenseinlage abgegolten werden soll, ist das Vorliegen eines Darlehens zu prüfen. Nicht erforderlich ist eine Beteiligung am Verlust des Handelsgewerbes. Zwar nimmt der stille Gesellschafter nach der gesetzlichen Grundkonzeption bis zum Betrag seiner Einlage am Verlust des Handelsgewerbes teil (§ 232 Abs. 2 S. 1 HGB). Die Beteiligten können eine Verlustbeteiligung im Gesellschaftsvertrag aber ausschließen (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB). Umgekehrt können die Beteiligten auch vereinbaren, dass der stille Gesellschafter auch jenseits seiner Einlage am Verlust des Handelsgewerbes teilnimmt. Für die Höhe der Gewinnbeteiligung kommt es in erster Linie auf die zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen an. Sofern eine Vereinbarung fehlt, gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als vereinbart. Entsprechendes gilt für die Höhe der Verlustbeteiligung (§ 231 Abs. 1 HGB). Besteht zwischen den Beteiligten kein natürlicher Interessengegensatz, so sind die getroffenen Vereinbarungen einer Angemessenheitsprüfung zu unterziehen. Insbesondere bei Familienpersonengesellschaften ist eine Überprüfung der Gewinnverteilungsabrede geboten. Der angemessene Gewinnanteil ei...