Rz. 247

Gem. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Gewinne aus der Veräußerung von stillen Beteiligungen und partiarischen Darlehen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG.

 

Rz. 248

Bei einer stillen Beteiligung handelt es sich um eine zwischen dem Inhaber eines Handelsgewerbes und einem Dritten, dem stillen Gesellschafter, gegründete Innengesellschaft, im Rahmen derer sich der Dritte mit einer Vermögenseinlage an dem Handelsgewerbe beteiligt und dafür einen Anteil am Gewinn erhält, den das Handelsgewerbe abwirft. Eine Verlustbeteiligung können die Vertragspartner im Gesellschaftsvertrag ausschließen (Rz. 138ff.). Als partiarische Darlehen werden Darlehensverhältnisse bezeichnet, im Rahmen derer der Darlehensgeber anstelle oder neben einer festen oder variablen Verzinsung einen Anteil am Gewinn des Unternehmens erhält, dem das Darlehen dient. Eine Verlustbeteiligung ist bei einem partiarischen Darlehen nicht möglich (Rz. 147ff.).

 

Rz. 249

§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG unterwirft Gewinne, die der Stpfl. aus der Veräußerung einer stillen Beteiligung oder eines partiarischen Darlehens erzielt, der Besteuerung. Weiterhin unterliegen der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 S. 2 EStG Gewinne, die der Stpfl. aus der Auflösung einer stillen Beteiligung oder aus der Rückzahlung eines partiarischen Darlehens erlangt. Bei der Ermittlung des Gewinns aus der Auflösung einer stillen Beteiligung ist zu beachten, dass die während des Bestehens einer stillen Beteiligung erzielten Gewinne und Verluste im Regelfall bereits der Besteuerung unterlegen haben. Diese Gewinne und Verluste müssen bei der Ermittlung des Gewinns aus der Auflösung einer stillen Beteiligung daher gewinnerhöhend oder gewinnmindernd berücksichtigt werden.[1]

 
Praxis-Beispiel

Ausgangsfall

A hat sich im Jahr 01 als stiller Gesellschaft am Handelsgewerbe des B mit einer Einlage von 100.000 EUR beteiligt. In den Jahren 02 und 03 werden A Verlustanteile i. H. v. jeweils 20.000 EUR zugewiesen, die von seinem Einlagekonto abgebucht werden. In den Jahren 04 und 05 erhält A Gewinnanteile i. H. v. jeweils 10.000 EUR, die zur Wiederauffüllung seines Einlagekontos verwendet werden. Im Jahr 06 wird die stille Gesellschaft aufgelöst. A erhält sein Guthaben i. H. v. 80.000 EUR ausbezahlt.

Die Verlustanteile i. H. v. jeweils 20.000 EUR aus den Jahren 02 und 03 kann A als Werbungskosten bei den Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG steuermindernd geltend machen (Rz. 144).[2] Die Gewinnanteile i. H. v. jeweils 10.000 EUR aus den Jahren 04 und 05 muss A als Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG versteuern. Die Auszahlung des Guthabens i. H. v. 80.000 EUR im Jahr 06 löst keine Steuerpflicht aus. Der Gewinn i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 S. 2 EStG beträgt aufgrund der erforderlichen Gewinnkorrekturen 0 EUR.

 
Artikel I. Erträge aus der Auflösung 80.000 EUR
./. Kosten für die Anschaffung 100.000 EUR
./. Kosten für die Auflösung 0 EUR
  Summe ./. 20.000 EUR
+ Verluste aus 2011 und 2012 40.000 EUR
./. Gewinne aus 2013 und 2014 20.000 EUR
  Gewinn 0 EUR

Variante 1

Im Jahr 06 veräußert A seinen Anteil an der stillen Gesellschaft an B. Da Mitarbeiter der Gesellschaft ein innovatives Produkt entwickelt haben, das hohe Gewinne verspricht, zahlt B dem A für seinen Anteil 100.000 EUR.

Aus der Veräußerung erzielt A Einnahmen i. H. v. 100.000 EUR. Nach Abzug der Kosten für die Anschaffung i. H. v. 100.000 EUR sowie der erforderlichen Gewinnkorrekturen bleibt dem A ein Gewinn i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG i. H. v. 20.000 EUR.

 
Artikel II. Erträge aus der Veräußerung 100.000 EUR
./. Kosten für die Anschaffung 100.000 EUR
./. Kosten für die Veräußerung 0 EUR
  Summe 0 EUR
+ Verluste aus 2011 und 2012 40.000 EUR
./. Gewinne aus 2013 und 2014 20.000 EUR
  Gewinn 20.000 EUR

Variante 2

Im Jahr 06 veräußert A seinen Anteil an der stillen Gesellschaft an B. Da sich das Geschäftsmodell der Gesellschaft in den letzten Jahren als wenig tragfähig erwiesen hat und die Gesellschaft zudem hoch verschuldet ist, zahlt B dem A für seinen Anteil nur 60.000 EUR.

Aus der Veräußerung erzielt A Einnahmen i. H. v. 60.000 EUR. Nach Abzug der Kosten für die Anschaffung i. H. v. 100.000 EUR sowie der erforderlichen Gewinnkorrekturen bleibt dem A ein Verlust i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EStG i. H. v. 20.000 EUR.

 
Artikel III. Erträge aus der Veräußerung 60.000 EUR
./. Kosten für die Anschaffung 100.000 EUR
./. Kosten für die Veräußerung 0 EUR
  Summe ./. 40.000 EUR
+ Verluste aus 2011 und 2012 40.000 EUR
./. Gewinne aus 2013 und 2014 20.000 EUR
  Verlust ./. 20.000 EUR
[2] Widersprüchlich insoweit Buge, in H/H/R, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 142 und 491, der einerseits von Werbungskosten – ohne Anwendung des Abzugsverbots gem. Abs. 9 – , andererseits aber von negativen Einnahmen spricht.

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