Rz. 9
Der Entlastungsbetrag setzt die Haushaltszugehörigkeit mindestens eines Kindes voraus. Die Zugehörigkeit zum Haushalt entspricht der Aufnahme in den Haushalt gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 und § 64 Abs. 2 EStG. Diese wird regelmäßig durch drei Merkmale bestimmt:
- Wohnen im Haushalt des Alleinstehenden (örtlich gebundenes Zusammenleben);
- Versorgung als materielles Merkmal (finanzielle Zuwendungen, Unterhaltsgewährung) und
- Betreuung (Fürsorge als immaterielle Voraussetzung).
Die Haushaltszugehörigkeit setzt eine gewisse Dauerhaftigkeit voraus. Bei einer Unterbringung in einem Heim oder bei auswärtiger Unterbringung zur Ausbildung ist die Haushaltszugehörigkeit im Allgemeinen noch gegeben, wenn sich das Kind gleichwohl regelmäßig in der Familienwohnung aufhält. Nach den Grundsätzen zur Aufnahme in den Haushalt eines Kindergeldberechtigten nach § 64 Abs. 2 EStG liegt die Zugehörigkeit eines Kindes zum elterlichen Haushalt jedenfalls bei einem Aufenthalt von insgesamt mehr als 3 Monaten und regelmäßig bereits bei einem Aufenthalt von 6 Wochen vor, wobei diese Dauer auch bei entsprechend häufigen tageweisen Aufenthalten des Kindes erfüllt sein kann. Aufenthalte zu bloßen Besuchszwecken genügen nicht.
Ob Krankenhausaufenthalte im Inland bei Inlandsbesuchen mit zählen, wenn es um die Frage geht, ob ein im Ausland studierendes Kind seinen inländischen Wohnsitz beibehalten hat, muss der BFH klären.
Rz. 10
Nach § 24b Abs. 1 S. 2 EStG ist die Haushaltszugehörigkeit anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des Alleinstehenden gemeldet ist. Eine Mindestdauer für die Meldung besteht nicht. Anders als bei der widerleglichen Vermutung der Haushaltsgemeinschaft nach § 24 Abs. 3 S. 2 EStG geht der Wortlaut des § 24b Abs. 1 S. 2 EStG von einer (unwiderleglichen) Fiktion aus. Der BFH hat entschieden, dass die Meldung eines Kindes in der Wohnung eines Alleinerziehenden eine unwiderlegbare Vermutung für die Haushaltszugehörigkeit des Kindes begründet und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu gewähren ist.
Bestehen keine Anknüpfungspunkte mehr für die Zugehörigkeit der Wohnung, in der das Kind gemeldet ist, muss der Gegenbeweis, dass das Kind seinen Aufenthaltsort in einer anderen Wohnung hat, zulässig sein.
Rz. 11
Das Kind muss nicht mit Hauptwohnsitz in der Wohnung des Alleinstehenden gemeldet sein. Die Meldung mit Nebenwohnsitz reicht aus. Deshalb genügt es z. B. bei auswärtiger Unterbringung zur Schul- oder Berufsausbildung, dass ein volljähriges Kind, für das ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht, nur mit Nebenwohnsitz in der Wohnung des Stpfl. gemeldet ist.
Rz. 12
Für Fälle der Mehrfachmeldung mit Haupt- und Nebenwohnsitz bei verschiedenen Stpfl., z. B. bei getrennt lebenden Eltern sowohl in der Wohnung des Vaters als auch in der von der Mutter, sieht § 24b Abs. 1 S. 3 Alt. 1 EStG zunächst eine Konkurrenzregelung in der Weise vor, dass der Entlastungsbetrag nur einmal, und zwar demjenigen Alleinerziehenden zusteht, der die Voraussetzungen für die Auszahlung des Kindergelds nach § 64 Abs. 2 S. 1 EStG erfüllt. Das ist der Berechtigte, in dessen Haushalt das Kind aufgenommen ist. Grundsätzlich wird in Konkurrenzfällen daher auf die tatsächliche Haushaltsaufnahme abgestellt. Auf die Zahlung des Kindergelds nach § 74 EStG kommt es dabei nicht an. Bei mehrfacher Haushaltsaufnahme ist darauf abzustellen, bei welchem Haushalt die Aufnahme überwiegt. § 24b Abs. 1 S. 3 Alt. 2 EStG ("Voraussetzungen auf Auszahlung des Kindergelds nach § 64 Abs. 2 S. 1 EStG erfüllen würde") betrifft die Fälle, in denen der Stpfl. mit seinem Kind außerhalb der EU und des EWR lebt, nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird und deshalb einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag, aber keinen Anspruch auf Kindergeld (§ 63 Abs. 1 S. 4 EStG) hat. Entscheidend ist damit auch hier, bei wem das Kind in ein Betreuungs- und Erziehungsverhältnis aufgenommen ist (Obhutsprinzip). Eine Übertragung von einem auf den anderen Elternteil ist nicht möglich.
Rz. 13
Nach dem Grundsatz der Einmalberücksichtigung (§ 24b Abs. 1 S. 3 EStG) scheidet eine doppelte Inanspruchnahme grundsätzlich aus. Ist ein Kind annähernd gleichwertig in die beiden Haushalte seiner alleinstehenden Eltern aufgenommen, können die Eltern – unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird – untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zustehen soll, es sei denn, einer der Berechtigten hat bei seiner Veranlagung oder durch Inanspruchnahme der Steuerklasse II als ELStAM bei seinem Arbeitgeber den Entlastungsbetrag bereits in Anspruch genommen. Treffen die Eltern keine Bestimmung über die Zuordnung des Entlastungsbetrags, steht er demjenigen zu, an den das Kindergeld ausgezahlt wird.
§ 24b Abs. 1 S. 3 EStG als Konkurrenzregelung betrifft nur das Verhältnis zwischen mehreren allein stehenden Stpfl., bei denen das Kind mit Haupt- und/oder Nebenwohnsitz gemeldet ist. Ist dah...