Rz. 22
Da es sich rechtlich um 2 Bescheide handelt, kann jeder der Ehegatten selbstständig gegen die ihn betreffende Festsetzung Rechtsbehelfe oder Rechtsmittel einlegen, wenn er ihm gegenüber wirksam bekannt gegeben worden ist. Denn nur dieser Ehegatte ist durch den Zusammenveranlagungsbescheid beschwert. Der andere Ehegatte ist bei einer unwirksamen Bekanntgabe nicht zum Rechtsbehelf befugt. Liegt eine wirksame Bekanntgabe gegenüber beiden Ehegatten vor, kann jeder Ehegatter den ihm gegenüber erlassenen Bescheid auch mit anderen Gründen als der andere Ehegatte anfechten. Umgekehrt sind z. B. im Verfahren des Ehemanns strittige Werbungskosten im Weg der Saldierung um zugunsten der Ehefrau zu Unrecht berücksichtigte Werbungskosten zu kürzen, auch wenn die Ehefrau am Verfahren nicht beteiligt ist.
Verfahrensrechtlich bleiben Ehegatten zwei getrennte Steuersubjekte. Ob eine Beschwer gegeben ist, richtet sich nach der Person des jeweils anfechtenden Ehegatten. Der Bescheid kann deshalb von einem Ehegatten auch mit der Begründung angefochten werden, die Einkünfte des anderen Ehegatten seien zu hoch angesetzt worden. Die Beschwer kann auch in einer von der Steuererklärung abweichenden Zuordnung der Besteuerungsgrundlagen auf die Ehegatten (ohne Auswirkung auf die Höhe der Steuer) liegen, weil sich hieraus Konsequenzen bei der Aufteilung der Gesamtschuld nach §§ 268ff. AO ergeben (Rz. 35). Die Beschwer entfällt jedoch, sobald wegen vollständiger Tilgung der Steuerschuld eine Aufteilung nicht mehr zulässig ist. Verbleiben in diesem Fall Auswirkungen auf die GewSt, kann dies nur durch Anfechtung des GewSt-Bescheids verhindert werden. Sind aus einem Grundlagenbescheid Besteuerungsgrundlagen in den Zusammenveranlagungsbescheid eingegangen, kann nur gegen den Grundlagenbescheid in einem gesonderten Rechtsbehelfsverfahren vorgegangen werden. Ein Rechtsbehelf gegen den Zusammenveranlagungsbescheid als Folgebescheid ist dann erfolglos (§ 351 Abs. 2 AO).
Rz. 23
Eine Beschwer fehlt hingegen, wenn die zusammengefassten Bescheide nur dem anderen Ehegatten bekannt gegeben worden sind. Wegen der rechtlichen Selbstständigkeit der Bescheide steht der Anfechtbarkeit des gegen den einen Ehegatten gerichteten Steuerbescheids nicht entgegen, dass der gegen den anderen Ehegatten gerichtete Bescheid bestandskräftig geworden ist. Hat der Rechtsbehelf oder die Klage des einen Ehegatten Erfolg, so wird nur der angefochtene Steuerbescheid geändert, nicht auch der inhaltsgleiche bestandskräftige Bescheid des anderen.
Rz. 24
Wird Einspruch oder Klage gegen zusammengefasste Bescheide nur von einem Ehegatten eingereicht, ist grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass der Einspruch oder die Klage auch für den anderen mit eingelegt ist, außer wenn dies der Erklärung klar und unmissverständlich zu entnehmen ist. Eine konkludente Bevollmächtigung kann nicht unterstellt werden. Diese ergibt sich auch nicht aus der Unterschrift unter der Steuererklärung. Die wechselseitige Bevollmächtigung der Ehegatten zum Empfang des Zusammenveranlagungsbescheids bedeutet nicht auch eine Bevollmächtigung zur Einlegung eines Rechtsbehelfs. Für das Klageverfahren ergibt sich dies ferner aus dem Erfordernis der Vorlage der Prozessvollmacht (§ 62 FGO) Hat nur der Ehemann Einspruch eingelegt, ist deshalb die Klage der Ehefrauwegen fehlenden Vorverfahrens (§ 44 Abs. 1 FGO) als unzulässig zurückzuweisen. Bei Zweifeln hat das FA bzw. das FG zu klären, ob der Rechtsbehelfsführer nur im eigenen Namen oder auch im Namen des EhegattenRechtsbehelf eingelegt hat.