Rz. 47
Durch das SozialMissbrG v. 11.7.2019 wurde S. 5 neu in die Regelung des § 31 EStG aufgenommen. Der Grund hierfür lag in der Änderung des § 70 Abs. 1 EStG mit Einfügung der S. 2 und 3. Demnach erfolgt die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur für die letzten 6 Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Der Anspruch auf Kindergeld bleibt hiervon unberührt. Ist somit die rückwirkende Auszahlung des Kindergelds nach § 70 Abs. 1 S. 2 EStG begrenzt worden, wird bei der Günstigerprüfung nicht auf den Anspruch auf Kindergeld abgestellt, sondern (ausnahmsweise) auf das tatsächlich ausgezahlte Kindergeld. Sinn und Zweck der Regelung ist es, das Kindergeld, das wegen der Ausschlussfrist nach § 70 Abs. 1 S. 2 EStG nicht zur Auszahlung gelangt ist, bei der Vergleichsrechnung und Hinzurechnung trotzdem berücksichtigt wird. Dadurch soll das Existenzminimum des Kindes auch in Fällen der sog. Ausschlussfrist des § 70 Abs. 1 S. 2 EStG vollständig von der ESt freigestellt werden.
Die Ausnahme des § 31 S. 5 EStG ist nur auf die Monate anzuwenden, für die die Ausschlussfrist gilt. Ansonsten gilt weiterhin die Maßgeblichkeit des Kindergeldanspruchs.
Der Anspruch auf Kindergeld ist in den Fällen der Ausschlussfrist bei der Vergleichsrechnung und der Hinzurechnung mit 0 EUR anzusetzen, soweit das Kindergeld zwar festgesetzt, aber nicht nach § 70 Abs. 1 S. 2 EStG zur Auszahlung gelangt ist. Der Kindergeldbescheid gilt insoweit als Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung (§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO). Wurde kein Kindergeldantrag gestellt, kann die Familienkasse keinen Bescheid erlassen und die Regelung des Satzes 5 kann nicht greifen. Nach dem Wortlaut der Regelung darf das Kindergeld "...wegen § 70 Abs. 1 S. 2 nicht ausgezahlt..." worden sein. Hierfür bedarf es allerdings der grundsätzlichen Antragsstellung nach § 67 S. 1 EStG.
Der Stpfl., der sich auf die Anwendung der Regelung des § 31 S. 5 EStG beruft, muss dem FA den betreffenden Kindergeldbescheid oder eine Bescheinigung der Familienkasse nach § 68 Abs. 3 EStG vorlegen.
Rz. 48
§ 31 S. 5 EStG kommt erstmalig ab dem 18.7.2019 zur Anwendung. Für Kindergeldanträge, die nach dem 31.12.2017 und vor dem 18.7.2019 bei der Familienkasse eingegangen sind (§ 52 Abs. 49a S. 10 EStG), greift die inhaltsgleiche Regelung des § 66 Abs. 3 EStG a. F. Erfolgte eine Antragsstellung in der Zwischenzeit und wurde das Kindergeld wegen Überschreitung der Ausschlussfrist zwar festgesetzt, aber nicht ausgezahlt, ist aufgrund der verfassungskonformen Auslegung, obwohl es für diese Zeit keine gesetzliche Regelung gab, keine Hinzurechnung vorzunehmen.