Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 24
Die Tarifermäßigung ist nach § 32c Abs. 1 S. 1 EStG nur auf Antrag zu gewähren. Dem Stpfl. steht insoweit ein Wahlrecht zu. Dieses kann er für jeden der 3 Betrachtungszeiträume unterschiedlich ausüben. Da es sich um eine Tarifermäßigung handelt, ist eine Erhöhung der tariflichen ESt ausgeschlossen. Liegen in diesen Fällen die Voraussetzungen des § 32c EStG vor, ist eine Tarifermäßigung i. H. v. 0 EUR zu gewähren.
Rz. 25
Der Antrag ist weder an eine bestimmte Form noch an eine bestimmte Frist gebunden. Aus Beweisgründen ist eine schriftliche Erklärung zu empfehlen. Gestellt wird der Antrag üblicherweise mit der Abgabe der Steuererklärung. Er kann bis zum Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung gestellt und auch zurückgenommen werden. Ein erstmaliger Antrag auf Tarifermäßigung ist nur bis zur Unanfechtbarkeit des ESt-Bescheids für das letzte Jahr des Betrachtungszeitraums möglich. Ein nach Eintritt der Bestandskraft des ESt-Bescheids insoweit gestellter Antrag stellt als Verfahrenshandlung weder eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO noch ein Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar. Auch § 32c EStG selbst ermächtigt nicht zur Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids zugunsten der erstmaligen Berücksichtigung einer Tarifermäßigung. Für Zwecke der Antragstellung stehen das Antragsformular Anlage 32c und die dazugehörige "Anlage zur Anlage 32c" mit beihilferechtlichen Erläuterungen und Unterrichtungen zum Schutz und zur Veröffentlichung der im Rahmen der Tarifermäßigung übermittelten personenbezogenen Daten zur Verfügung. Der Antrag kann auch in anderer Form gestellt werden. Es besteht weder eine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung des Antragsformulars "Anlage 32c" noch zu dessen elektronischer Übermittlung. Erfolgen kann eine Übermittlung z. B. per Telefax oder elektronischer Post. Zu beachten ist § 32c Abs. 5 S. 2 EStG. Auch muss eine Erklärung zum Schutz und zur Veröffentlichung der im Rahmen der Tarifermäßigung übermittelten personenbezogenen Daten abgegeben werden. Pauschale Erklärungen genügen insoweit nicht.
Rz. 26
Der Antrag auf Tarifermäßigung ist vom jeweiligen antragstellenden Stpfl. zu unterschreiben. Sammelanträge von Angehörigen der steuerberatenden Berufe für ihre Mandanten sind ausgeschlossen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten genügt die Unterschrift desjenigen Ehegatten, der die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat. Haben beide Ehegatten im Betrachtungszeitraum land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielt, muss die Unterschrift von beiden Ehegatten erfolgen. Bei gesondert bzw. gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ist der Antrag auf Tarifermäßigung durch den jeweiligen Stpfl. bei dem für die Einkommensbesteuerung zuständigen FA zu stellen.
Rz. 27
Die Veranlagungen zur ESt mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der Vz 2016ff. sind bis einschließlich Rechentermin 30.4.2021 regelmäßig maschinell unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Von daher kann in den entsprechenden Vz eine Tarifermäßigung nach § 32c EStG auf Antrag des Stpfl. noch berücksichtigt werden. Zu beachten ist § 164 Abs. 4 AO. Sofern der Vz 2016 nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt ist, kann im Einzelfall auf Antrag eine Tarifermäßigung im Billigkeitsweg in Betracht kommen, wenn im Vz 2016 keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt worden sind. Erforderlich ist eine Darlegung von individuellen Gründen. Die Grundsätze des § 227 AO gelten entsprechend. Wurden im Vz 2016 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, kann die Tarifermäßigung nur innerhalb des Änderungsrahmens i. S. d. § 177 AO gewährt werden. Geltung hat dies auch dann, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 0 EUR betragen.
Rz. 28
Die Finanzverwaltung ist nicht verpflichtet, auf die Stellung des Antrags hinzuweisen. Ein solcher Hinweis ist gesetzlich nicht vorgesehen. Er ist auch nicht aus Gründen der Fürsorge nach § 89 Abs. 1 AO erforderlich.