Rz. 309

§ 4 Abs. 1 EStG zählt als Entnahmen Wirtschaftsgüter (aufgeführt als Beispiele Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse), Nutzungen und Leistungen auf und umreißt damit den Umfang der Entnahmefähigkeit. Entnahmefähig sind daher nicht nur (materielle oder immaterielle) Wirtschaftsgüter, sondern auch Nutzungen und Leistungen.

 

Rz. 310

Für die Entnahmefähigkeit von Wirtschaftsgütern ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob sie zum Anlage- oder Umlaufvermögen oder zum notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen gehören, da Wirtschaftsgüter grundsätzlich sowohl dem Privat- als auch dem Betriebsvermögen zugeordnet werden können. Auch Gegenstände des notwendigen Betriebsvermögens können entnommen werden; dadurch endet die Nutzung für den Betrieb und gleichzeitig die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen. Nicht möglich ist es allerdings, eine Entnahme bei notwendigem Betriebsvermögen anzunehmen, wenn das Wirtschaftsgut anschließend weiterhin ausschließlich für die gleichen betrieblichen Zwecke genutzt wird. Es bleibt dann (trotz der beabsichtigten Entnahme) notwendiges Betriebsvermögen.

Es macht auch keinen Unterschied, ob es sich um ein materielles oder immaterielles Wirtschaftsgut handelt. Auch immaterielle Wirtschaftsgüter sind grundsätzlich entnahmefähig. Das Aktivierungsverbot für selbstgeschaffene oder unentgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter[1] steht der Entnahmefähigkeit dieser Wirtschaftsgüter nicht entgegen.[2]

Grundsätzlich macht es auch keinen Unterschied, ob die Wirtschaftsgüter zum Aktiv- oder Passivvermögen gehören. Allerdings ist die Entnahmefähigkeit von Verbindlichkeiten praktisch stark eingeschränkt (vgl. Rz. 313).

 

Rz. 311

Die Entnahmefähigkeit eines Wirtschaftsguts kann im Einzelfall oder nach der Natur des Wirtschaftsguts eingeschränkt oder beseitigt sein. Das ist der Fall, wenn das Wirtschaftsgut nur im betrieblichen Bereich existieren kann, es also bei Überführung in das Privatvermögen untergehen würde, oder wenn das Wirtschaftsgut so mit einem anderen Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens verknüpft ist, dass es dessen Schicksal teilt. So ist etwa der (originäre oder derivative) Firmenwert untrennbar mit der betrieblichen Sphäre verbunden und daher nicht entnahmefähig.[3]

Die Einschränkung der Entnahmefähigkeit muss sich aus der Natur des Wirtschaftsguts selbst ergeben, nicht aus der Bedeutung für den Betrieb. Auch gravierende Nachteile, die den Betrieb infolge der Entnahme treffen, führen nicht zu einer Einschränkung der Entnahmefähigkeit des Wirtschaftsguts. Ist ein Betrieb z. B. auf ein bestimmtes Grundstück angewiesen, und wird dieses entnommen, also nicht mehr betrieblich genutzt, ist die Entnahme wirksam, auch wenn dies praktisch die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit erzwingt. Entsprechend bleiben Geldmittel entnahmefähig, auch wenn die Entnahme die Liquidität des Betriebs gefährdet.

 

Rz. 312

Betriebliche Forderungen sind grundsätzlich nicht entnahmefähig. Wenn die Forderung im betrieblichen Bereich begründet ist, ist auch ihre Abwicklung (Einziehung) zwingend dem betrieblichen Bereich zuzuordnen.[4] Ausnahmsweise entnahmefähig kann eine nach Grund und Höhe unbestrittene Geldforderung sein, die sich in ihrem Wert und Charakter nicht von Bargeld unterscheidet. Ist die Forderung aber nach Grund und/oder Höhe bestritten, oder ist die Bonität des Schuldners zweifelhaft, kann dieses im betrieblichen Bereich begründete Risiko nicht in den privaten Bereich verlagert werden; die Forderung ist insoweit nicht entnahmefähig (vgl. BFH v. 10.2.1994, a. a. O.; zur Behandlung bei Betriebsveräußerung und -aufgabe vgl. § 16 Rz. 237).

 

Rz. 313

Verbindlichkeiten sind i. d. R. mit Wirtschaftsgütern des Aktivvermögens derart verknüpft, dass sie deren Schicksal teilen. Eine Entnahme der Verbindlichkeit ist regelmäßig nur möglich, dann aber auch zwingend, wenn das aktive Wirtschaftsgut entnommen wird.[5] Eine Dispositionsbefugnis, Verbindlichkeiten als betrieblich oder privat zu behandeln, besteht nicht. Dient die Darlehensaufnahme der allgemeinen Verstärkung der Liquidität, ist i. d. R. bereits kurze Zeit nach der Darlehensaufnahme ein konkreter Zusammenhang mit einem bestimmten aktiven Wirtschaftsgut nicht mehr feststellbar. Von diesem Zeitpunkt an ist die Verbindlichkeit praktisch nicht mehr entnahmefähig.

 

Rz. 314

Nutzungen und Leistungen sind Wertabgaben des Betriebs, die sich einerseits noch nicht zu Wirtschaftsgütern verdichtet, andererseits jedoch Aufwendungen im betrieblichen Bereich verursacht haben. Nutzungen liegen vor, wenn Wirtschaftsgüter genutzt werden; Leistungen liegen vor, wenn Dienstleistungen in Anspruch genommen werden.

 
Praxis-Beispiel
  • Der betriebliche Pkw wird vorübergehend privat genutzt. Es liegt eine Entnahme durch Nutzung vor.
  • Der Arbeitnehmer des Stpfl. arbeitet in dem Garten des Einfamilienhauses des Stpfl. Es liegt Entnahme durch Leistung vor.

Wird eine zum Betriebsvermögen gehörende Wohnung aus außerbetrieblichen Gründen verbilligt oder unentgeltlich vermietet, ist...

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