Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 97
§ 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c S. 14–16 EStG enthält Sanktionen für den Fall, dass ein dem Eigenkapitalvergleich zugrunde gelegter Abschluss unrichtig ist. Dies betrifft sowohl den Einzelabschluss als auch den Konzernabschluss, und zwar jeweils die nach § 4h Abs. 2 Buchst. c EStG geänderten Abschlüsse. Unrichtig ist ein Abschluss daher, wenn er nicht dem maßgebenden Rechnungslegungsstandard und zusätzlich nicht den Modifikationen des § 4h Abs. 2 Buchst. c EStG entspricht. Keine Sanktion enthält das Gesetz jedoch, wenn die Überleitungsrechnung unrichtig ist; eine Überleitungsrechnung ist kein "Abschluss". Eine analoge Anwendung der Sanktionen auf eine unrichtige Überleitungsrechnung ist nicht möglich, da die gesetzliche Grundlage für Sanktionen klar und eindeutig sein muss.
Rz. 97a
Die Sanktionen greifen ein, wenn einer oder beide der maßgebenden Abschlüsse unrichtig ist und sich aufgrund der richtigen Abschlüsse ein höherer nicht abziehbarer Zinsaufwand ergeben würde, die erstellten Abschlüsse also zu einem überhöhten Zinsabzug geführt haben. In diesen Fällen ist ein Zuschlag entsprechend § 162 Abs. 4 S. 1 und 2 AO auf die nicht abziehbaren Zinsaufwendungen zu machen. Die Bemessungsgrundlage ist insoweit unklar; gemeint sein kann nur ein Zuschlag auf die Zinsaufwendungen, die nach dem unrichtigen Abschluss überhöht ausgewiesen worden sind. Ein Zuschlag auf alle nicht abzugsfähigen Zinsaufwendungen (also auch die richtig berechneten) wäre ungerechtfertigt und übermäßig. Dies kann man auch aus dem Verweis auf § 162 Abs. 4 S. 2 AO schließen, da danach der Zuschlag nur auf den "Mehrbetrag der Einkünfte" entsteht.
Rz. 98
Die Sanktionsregelung wirft die Frage auf, ob die Abschlüsse durch den Stpfl. berichtigt werden können, um die Sanktionen zu vermeiden. Eine unmittelbar anwendbare Regelung enthält das Gesetz nicht. Insbesondere § 4 Abs. 2 EStG über die Bilanzberichtigung ist unmittelbar nicht anwendbar, da es sich bei den Abschlüssen nach § 4h EStG nicht um steuerliche Gewinnermittlungsbilanzen handelt. Die Änderung des Schuldzinsenabzugs aufgrund eines geänderten Eigenkapitalvergleichs berührt die Gewinnermittlungsbilanz auch nicht, da der Zinsabzug in der Bilanz unverändert bleibt. Die etwaige Hinzurechnung der nicht abzugsfähigen Zinsaufwendungen erfolgt nicht in der Gewinnermittlungsbilanz, sondern außerhalb der Bilanz bei der Einkommensermittlung. Die ESt, die sich durch den geänderten Zinsabzug ändern kann, wird nicht in der Gewinnermittlungsbilanz ausgewiesen. Damit stellt sich die Frage in der Form, ob der Stpfl. die Angaben zur Einkommensermittlung, letztlich also die Steuererklärung, nachträglich ändern kann. Hierfür gibt es keine Vorschrift, die ihm dies untersagen würde; nach § 153 AO ist er hierzu sogar verpflichtet. Daher kann der Stpfl. die dem Eigenkapitalvergleich dienenden Abschlüsse jederzeit ändern, wenn er einen Fehler in der Ermittlung der nicht abzugsfähigen Zinsaufwendungen bemerkt.
Rz. 98a
Fraglich ist aber, ob er dadurch die Zuschläge vermeiden kann. S. 14 macht die Zuschläge nicht davon abhängig, dass die Finanzverwaltung den Fehler in den Abschlüssen aufdeckt und berichtigt. Daher kann auch bei Berichtigung der Abschlüsse durch den Stpfl. ein Zuschlag auferlegt werden, wenn die unrichtigen Abschlüsse zu einer Verminderung der Steuerfestsetzung geführt haben, also bereits ein Steuerbescheid ergangen ist.
Rz. 99
Unklar ist der Verweis auf § 162 Abs. 4 S. 1 und 2 AO dadurch, dass nach dieser Vorschrift die Nichtvorlage von Aufzeichnungen sanktioniert ist, es bei § 4h Abs. 2 Buchst. c S. 14 EStG aber nicht um Vorlage oder Nichtvorlage der Abschlüsse bzw. der Überleitungsrechnung geht, sondern um die sachliche Richtigkeit der Abschlüsse. Es kann also nur ein Rechtsfolgenverweis angenommen werden. Der Zuschlag beträgt 5.000 EUR, mindestens aber 5 % und höchstens 10 % des Mehrbetrags an nicht abziehbaren Zinsaufwendungen, der sich aufgrund richtiger Abschlüsse ergibt.
Rz. 99a
Der Zuschlag "ist" festzusetzen; der Finanzverwaltung steht insoweit kein Ermessen zu. Hinsichtlich der Höhe des Zuschlags steht der Finanzbehörde dagegen ein Ermessen für die Bestimmung innerhalb des Rahmens von 5 bis 10 % zu. Für diese Ermessensausübung gilt § 162 Abs. 5–7 AO (früher: Abs. 4 S. 4–6 AO) entsprechend. Auch diese Verweisung passt auf den Fall der Zinsschranke nicht unmittelbar. Nach § 162 Abs. 4 S. 7 AO (früher: S. 6 AO) sind der Zweck der Vorschrift, den Stpfl. zur fristgerechten Erfüllung seiner Vorlagepflicht anzuhalten, und die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Bei den Sanktionen wegen der Zinsschranke geht es aber nicht um die rechtzeitige Erfüllung, sondern um die sachlich richtige Erfüllung der Pflicht zur Erstellung der Abschlüsse. Fragen der Fristüberschreitung spielen hierbei keine Rolle. Das Zeitelement im Rahmen der Ermessensausübung kann daher nur so verstanden werden, dass zu berücksichtigen ist, wie lange dem Stpfl. der steuerliche Vorteil aus der unrichtigen Berechnung ...