Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 150
Schließlich gehören zu den Zinsaufwendungen und -erträgen die Auf- und Abzinsungsaufwendungen des Schuldners bzw. die entsprechenden Erträge des Gläubigers von niedrig verzinslichen oder unverzinslichen Forderungen und Verbindlichkeiten sowie von Nullcouponanleihen und ähnlichen Finanzinstrumenten (§ 4h Abs. 3 S. 4 EStG). Aufzinsungsaufwand entsteht bei dem Schuldner, wenn eine niedrig- oder unverzinsliche Anleihe zu einem Ausgabekurs unter dem Nennbetrag ausgegeben und zum Nennbetrag zurückgezahlt wird. Bei dem Gläubiger entsteht ein entsprechender Aufzinsungsertrag. Die Differenz zwischen Ausgabebetrag und Nennbetrag stellt die Verzinsung dar, die bilanzmäßig entsprechend der Laufzeit abzugrenzen ist und als "Zinsaufwand" oder "Zinsertrag" unter die Zinsschranke fällt. Abzinsungsertrag wird daher wie Zinsertrag, Aufzinsungsaufwand wird wie Zinsaufwand in die Berechnung der abziehbaren Zinsen einbezogen.
Durch G. v. 22.12.2023 sind in Abs. 3 S. 2 für Zinsaufwendungen und in S. 3 für Zinserträge ausdrücklich die den Zinsaufwendungen wirtschaftlich vergleichbaren Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital und den Zinserträgen wirtschaftlich gleichwertige Erträge im Zusammenhang mit Kapitalforderungen in die Definitionen aufgenommen worden. Damit wurde § 4h Abs. 3 S. 4 EStG überflüssig und ist gestrichen worden. Eine sachliche Änderung ist damit jedoch nicht verbunden. Aufzinsungsaufwand ist daher weiterhin Zinsaufwand, Abzinsungsertrag ist weiterhin Zinsertrag. Die Kommentierung des bisherigen § 4h Abs. 3 S. 4 EStG kann also weiter verwendet werden.
Rz. 151
Entsprechendes gilt, wenn ein Darlehen zum Nennwert aufgenommen und zu einem höheren Wert zurückgezahlt wird. Die Differenz zwischen Nennwert und Rückzahlungswert ist der Zinsaufwand bzw. Zinsertrag, der bilanzmäßig nach der Laufzeit abzugrenzen ist und als "Zinsaufwand" oder "Zinsertrag" unter die Zinsschranke fällt.
Rz. 152
Auf- und Abzinsungsaufwand bzw. der entsprechende Ertrag fällt an bei Zero-Coupon-Anleihen, unverzinslichen Schatzanweisungen, Finanzierungsschätzen, ab- oder aufgezinsten Sparbriefen, Bundesschatzbriefen B usw.
Rz. 153
Nach Verwaltungsmeinung soll der Ertrag aus der erstmaligen Abzinsung von Verbindlichkeiten kein Zinsertrag, der Aufwand aus der erstmaligen Abzinsung von Forderungen kein Zinsaufwand sein. Abgeleitet wird dies aus bilanzrechtlichen Grundsätzen, wonach die erstmalige Abzinsung die Anschaffungskosten mindert. M. E. gibt es für diese Abweichung von Abs. 3 S. 4 keine Rechtsgrundlage. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen erstmaliger und späterer Abzinsung. Auch würde die Nichtberücksichtigung des Ertrags aus der erstmaligen Abzinsung zu einem systemwidrigen Ergebnis führen, wenn der spätere Aufwand aus der Aufzinsung als Zinsaufwand in die Zinsschranke einbezogen wird. Auch eine systemwidrige Lücke im Gesetz kann nicht angenommen werden. Der Gesetzgeber hat in § 4h Abs. 3 S. 4 EStG Auf- und Abzinsungsbeträge abschließend geregelt und keinen Unterschied zwischen erstmaliger und späterer Abzinsung gemacht.